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Elektrisches Kehrichtfahrzeug in der Stadt Thun

Erstellt am 02.03.2020

Weniger Lärm und Emissionen dank elektrischem Kehrichtfahrzeug (Foto: Stadt Thun) Weniger Lärm und Emissionen dank elektrischem Kehrichtfahrzeug (Foto: Stadt Thun)

Die Kehrichtabfuhr sorgte bisher für hohe Lärm- und Schadstoff-Emissionen. Als Antwort darauf hat die Firma Designwerk mit verschiedenen Industriepartnern und Hochschulen im Rahmen eines Leuchtturmprojekts des Bundesamts für Energie einen elektrisch betriebenen LKW entwickelt. Vier Prototypen wurden gebaut und getestet, einer davon ist seit März 2018 in der Stadt Thun im Einsatz und hat sich als Sammelfahrzeug sehr bewährt.

Profil & Eckdaten

zugeordnete Tags/Schlagwörter

  • Gemeinden

Investitionskosten

  • hoch (ab Fr. 50'000.-)
0 10'000 50'000
  • hoch (ab Fr. 50'000.-)

Raumtyp

  • Zentrum / Stadt
  • Agglomeration
  • Ländlich / Dorf

Gemeindegrösse

  • < 5'000 Einwohner
  • 5'000 - 10'000 Einwohner
  • 10'000 - 20'000 Einwohner
  • > 20'000 Einwohner

Beispiel

Elektrisches Kehrichtfahrzeug in der Stadt Thun

Als Ersatz für eines von fünf dieselbetriebenen Kehrichtfahrzeugen ist in Thun seit März 2018 ein E-LKW des Modells "Futuricum Collect 26E" der Firma Designwerk im Einsatz. Der 26-Tönner wurde im Rahmen eines vom Bundesamt für Energie unterstützten Leuchtturmprojekts in Zusammenarbeit mit verschiedenen Industriepartnern und Hochschulen gebaut. Drei weitere Prototypen werden in den Städten Lausanne, Murten und Neuchâtel erprobt und kontinuierlich verbessert. Die Stadt Thun zieht nach zwei Jahren positive Bilanz: Das Fahrzeug bewährt sich im täglichen Stop-and-Go-Betrieb, ist leise, spart auf die gesamte Lebensdauer (150'000 km) rund 400 Tonnen CO2 und ist im Betrieb 70% günstiger als herkömmliche Diesel-Fahrzeuge. Das Projekt wurde im Januar 2020 mit dem Schweizer Energiepreis "Watt d’Or" in der Kategorie "Energieeffiziente Mobilität" ausgezeichnet.

Der E-LKW «Futuricum Collect 26E» ist seit März 2018 in der Stadt Thun erfolgreich für die Kehrichtabfuhr im Einsatz (Foto: Designwerk Products AG) Der E-LKW «Futuricum Collect 26E» ist seit März 2018 in der Stadt Thun erfolgreich für die Kehrichtabfuhr im Einsatz (Foto: Designwerk Products AG)

Beschreibung

Hintergrund

Die Kehrichtabfuhr verursacht nicht nur störenden Lärm, sondern auch hohe Schadstoffemissionen. Durch das ständige Anfahren und Anhalten benötigen die Sammelfahrzeuge viel Treibstoff. Damit die Presse auch beim Stillstand des Fahrzeugs funktioniert, muss der Motor immer in Betrieb sein. Sensibilisiert durch Lärmklagen aus der Bevölkerung und Überlegungen zum Gesundheitsschutz der Angestellten beschloss die Stadt Thun sich am Leuchtturmprojekt des elektrisch angetriebenen LKW-Prototypen zu beteiligen. Eines der fünf bisherigen, dieselbetriebenen Kehrichtfahrzeuge wurde durch einen E-LKW des Modells "Futuricum Collect 26E" ersetzt.

Diese Massnahme fügt sich in die klima- und energiepolitischen Ziele der Stadt ein und ermöglicht einer technologischen Innovation den Einsatz im Alltagsbetrieb. Thun hat sich zum Ziel gesetzt bis 2023 das Label Energiestadt Gold zu erreichen und verfolgt dafür in der Innenstadt die Vision "Zero emissions". Alternative Antriebsysteme werden in Thun allerdings schon längere Zeit angewendet: Bereits seit 2008 nutzt die Stadt elektrisch betriebene Kleingeräte wie Laubbläser und auch die Fahrzeugflotte wird wo immer möglich umgestellt, so setzt Thun zum Beispiel auf eine erst kürzlich entwickelte E-Strassenreiningungsmaschine.

Auch andere kommunale Fahrzeuge sind in Thun elektrisch betrieben, z.B. die E-Strassenreinigungsmaschine 2 m3 (Foto: Stadt Thun) Auch andere kommunale Fahrzeuge sind in Thun elektrisch betrieben, z.B. die E-Strassenreinigungsmaschine 2 m3 (Foto: Stadt Thun)

Angebot

Das elektrische Kehrichtfahrzeug wurde wie erwähnt im Rahmen eines Leuchtturmprojekts entwickelt, das folgende Ziele hatte:

  • Entwicklung und Herstellung eines wettbewerbsfähigen, elektrischen Sammelwagens, der umweltfreundlich und an die vielfältige Topographie der Schweiz angepasst ist
  • Vergleich der Betriebs-, Wartungs- und Versicherungskosten mit herkömmlichen Fahrzeugen
  • Deutliche Reduktion des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen während der gesamten Lebensdauer des Fahrzeugs
  • Analyse der Akzeptanz in der Bevölkerung  

Das Sammelfahrzeug "Futuricum Collect 26E" der Firma Designwerk weist folgende technischen Merkmale auf:

  • Gewicht: 26+1 Tonnen
  • Nutzlast: 10 Tonnen
  • Geschwindigkeit: elektronisch auf 86 km/h begrenzt
  • Leistung: 680 PS aus 4 Elektromotoren
  • Batterietyp: Lithium-Ionen-Batterien
  • Gesamtkapazität der Batterien: 270 kWh
  • Ladezeit der Batterien: 10 Stunden
  • Voraussichtliche Lebensdauer der Batterien: 1 Mio. km
  • Reichweite: 300 km reines Fahren
  • Stromverbrauch: 190 kWh pro 100 km im Sammelbetrieb
  • Motorwirkungsgrad: bis zu 97%. (dank Rückgewinnung der Bremsenergie)

Während die Hälfte des Stroms für den Betrieb des E-Kehrichtfahrzeugs aus Wasserkraft stammt, wird die andere Hälfte direkt aus der Verbrennung des eingesammelten Kehrichts gewonnen. Rein rechnerisch benötigt der Kehrichtwagen nur 300kg Abfall, um einen Tag zu fahren und dabei 10-15 Tonnen Kehricht abzuführen. Somit könnte der E-Kehrichtwagen komplett mit Strom aus Verbrennung von Abfällen betrieben werden.

Ein Teil des Stroms für den E-LKW wird direkt aus der Verbrennung des gesammelten Abfalls produziert (Graphik: Stadt Thun) Ein Teil des Stroms für den E-LKW wird direkt aus der Verbrennung des gesammelten Abfalls produziert (Graphik: Stadt Thun)

Erfahrungen

Die Angaben zu Reichweite und Verbrauch haben sich im Betrieb in den letzten zwei Jahren bestätigt. Die zwei Batterien des E-LKWs können am Ende ihrer Fahrzeug-Lebensdauer als stationäre Speicher verwendet oder zu 98% rezykliert werden. Der E-LKW hat sich im täglichen Einsatz in der Stadt Thun sehr bewährt, nicht nur als Fahrzeug sondern auch als Arbeitsinstrument. Sowohl die Fahrer und die Angestellten der Abfallentsorgung, die hinten auf dem Fahrzeug mitfahren, wie auch die gesamte Bevölkerung äussern sich sehr positiv über das neue Fahrzeug. Das Arbeiten damit sei sehr angenehm und die Lärm- wie auch die Abgasemissionen sind spürbar tiefer (Details siehe unter «Wirkung»). Der Prototyp habe von Anfang an sehr gut funktioniert und die Zusammenarbeit mit der Herstellerfirma war sehr zufriedenstellend. Die Stadt Thun ist überzeugt, dass es für alle Gemeinden und Städte möglich ist, ihre Flotte auf elektrisch betriebene Fahrzeuge umzustellen.

Wirkung

Umwelt und Energie

Das E-Kehrichtfahrzeug hat beträchtliche Auswirkungen auf Umwelt und Energie. Die Lärmbelastung im Sammelbetrieb sinkt um rund 10-15 Dezibel (von 90dB auf 75-80dB). Da eine Verminderung um drei Dezibel in der Wahrnehmung eine Halbierung des Lärms bedeutet, entspricht dies einer massiven Lärmminderung. Im Betrieb stösst der E-LKW im Unterschied zu einem Diesel-Fahrzeug kein CO2 und keine Schadstoffe aus, so dass in Thun rund 400 Tonnen CO2 auf die gesamte Fahrzeuglebensdauer (150'000 km) eingespart werden. Der Energieverbrauch der vier Prototypen des E-Lastwagens ist je nach Situation, zum Beispiel Autobahn oder Innenstadt, zwischen 30 und 80% tiefer als der eines Dieselfahrzeugs. Der durchschnittliche Verbrauch der vier Sammelfahrzeuge des Leuchtturmprojekts war 190 kWh pro 100 km. Das entspricht 19.6 Litern Diesel pro 100 km, was deutlich tiefer ist als die 90l/100km, die herkömmliche Dieselfahrzeuge in den vier Städten durchschnittlich verbrauchen.

Gesellschaft

Die beträchtlichen Reduktionen von Lärm und Schadstoffemissionen verbessern die Lebensqualität in der Stadt deutlich. Auch für die Beschäftigten der Kehrichtsammlung haben beide Aspekte positive Auswirkungen. Das stufenlose Anfahren und Abbremsen und die gesunkenen Vibrationen des Fahrzeugs reduzieren die körperliche Belastung für die Angestellten stark.

Wirtschaft

Für eine genaue Betrachtung der wirtschaftlichen Wirkung eines E-Kehrichtfahrzeugs sind die Topographie und die Anzahl jährlich gefahrener Kilometer relevant – je mehr ein Fahrzeug fährt, desto stärker fällt pro gefahrenen Kilometer der Preisunterschied zwischen Strom und Diesel ins Gewicht und desto weniger macht die LSVA aus (Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe, die für Dieselfahrzeuge anfällt und rund 650 Franken pro Monat und LKW beträgt). Während die Anschaffungskosten für einen E-Kehrichtwagen heute noch doppelt so hoch sind wie die eines Dieselfahrzeugs (900'000 Franken gegenüber 450'000 Franken), sind die gesamten Unterhalts- inkl. Treibstoffkosten für die Stadt Thun etwa 15’-20'000 Franken günstiger pro Jahr. Ausserdem fällt die Wartezeit für das Nachtanken eines Dieselfahrzeuges weg. Eine Stromladung reicht in Thun problemlos für einen Sammeltag aus.

Die Stadt Thun kann in zehn Jahren Sammelbetrieb rund 200'000 Franken durch tiefere Unterhalts- und Treibstoffkosten einsparen und mit dem namhaften Beitrag der beiden Hauptsponsoren Energie Thun AG und AG für Abfallverwertung AVAG das Fahrzeug schliesslich auch wirtschaftlich betreiben. Durch Serienfertigung und höhere Stückzahlen sollten die höheren Beschaffungskosten gegenüber einem herkömmlichen Lastwagen bald verschwinden.

Werkzeugkasten

Vorgehen

Da es sich um ein Leuchtturmprojekt des Bundesamts für Energie handelt, war das Vorgehen im Vergleich zur normalen Anschaffung eines Kehrichtfahrzeugs anders und entsprach nicht dem gewöhnlichen Ausschreibungs-Prozess. Die Stadt Thun konnte von einem bestehenden Projekt mit verschiedenen Industriepartnern und Hochschulen profitieren, sich aber auch aktiv einbringen. Finanziell wurde die Stadt auch von der Energie Thun AG sowie der AG für Abfallverwertung AVAG unterstützt. Neben der Anschaffung und dem veränderten Unterhalt gilt es auch beim Gebäudemanagement zu berücksichtigen, dass elektrisch betriebene Fahrzeuge aufgeladen werden müssen. Idealerweise kommt dafür Strom aus erneuerbaren Quellen zum Einsatz oder Strom, der direkt bei der Verbrennung des gesammelten Abfalls erzeugt wird.

Folgende sind wichtige Phasen und Meilensteine des Projekts:

  • September 2016: Absichtserklärung Stadt Thun für Projektpartnerschaft
  • Januar 2017: Entscheid Stadt Thun für Beschaffung eines E-Kehrichtfahrzeugs
  • März 2018: Einweihungsfest und Inbetriebnahme des E-Kehrichtfahrzeugs
  • Bis Dezember 2019: Testbetrieb und Optimierungen im Rahmen des Leuchtturmprojekts
  • März 2019: Aufnahme der Serienfertigung durch die Designwerk Products AG. Für 2020 wird mit der Produktion von mindestens 50 Fahrzeugen gerechnet.

Finanzierung

Die Finanzierung der Teilnahme am Leuchtturmprojekt erfolgte hauptsächlich durch einen vom Thuner Gemeinderat (Exekutive) Anfang 2018 beschlossenen, gebundenen Kredit von 920’000 Franken für den Kauf des Fahrzeugs. Die Energie Thun AG und die AG für Abfallverwertung AVAG beteiligten sich mit einem namhaften Betrag am Projekt. Der Preis jeder der beiden Batterien beträgt rund 200'000 Franken.

Marketing

Anlässlich der Lancierung im März 2018 gab es im Bälliz in der Thuner Innenstadt an einem Samstag eine Informationsveranstaltung, die auf grosses Interesse stiess. Die Bevölkerung konnte das neue E-Kehrichtsammelfahrzeug anschauen und Testfahrten machen. Ein 3D-Modell diente der Veranschaulichung der Energie- und Kostenbilanz. Die Stadt Thun hat auch viel Medienarbeit geleistet, nicht nur bei der Lancierung, sondern auch bei weiteren Gelegenheiten wie der Verleihung des Innovationspreises 2018 der Organisation Kommunale Infrastruktur oder anlässlich der Verleihung des "Watt d’Or" Anfang 2020. Das Projekt weckte nicht nur in der Schweiz Interesse. Auch aus Deutschland und sogar aus den Arabischen Emiraten empfing die Stadt interessierten Besuch.

3D-Modell der Energie- und Kostenbilanz des E-Kehrichtfahrzeugs (Foto: Stadt Thun) 3D-Modell der Energie- und Kostenbilanz des E-Kehrichtfahrzeugs (Foto: Stadt Thun)

Weitere Informationen

Weiterführende Links:

Kontaktadresse:

Stadt Thun 
Beschaffung und Sicherheit
Toni Zimmermann
Industriestrasse 2
Postfach 145
CH-3602 Thun
Tel. 033 225 83 60
toni.zimmermann@thun.ch

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Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Praxis Beispiels: 

Kanton Bern
Amt für Umwelt und Energie
Abteilung Immissionsschutz
Laupenstrasse 22
CH-3011 Bern 
Tel. 031 633 57 80

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