Interbetriebliches Mobilitätskonzept des Business Park Terre Bonne, Eysins (VD)

Beispiel

Das interbetriebliche Mobilitätskonzept des Business Park Terre Bonne, Eysins (VD)

Der Nutzungsplan „Terre Bonne – Le Nipy“, der für das gesamte Areal gilt, legt fest, dass die Anzahl der Parkplätze für das Gewerbegebiet begrenzt ist und auf der Grundlage des „reduzierten Bedarfs“ der Schweizer Norm (VSS 640 281) berechnet werden muss. Ausserdem ist festgelegt, dass Betriebe oder Unternehmensgruppen mit mehr als 100 Arbeitsplätzen ein betriebliches Mobilitätskonzept erstellen müssen, der den Mitarbeitenden alternative Mobilitätsformen zum Individualverkehr mit dem Auto bietet.

Obwohl die meisten Unternehmen am Standort weniger als 100 Mitarbeitende beschäftigen, sind sie dennoch verpflichtet, ein betriebliches Mobilitätskonzept zu erstellen. Sie gelten nämlich als „Unternehmensgruppe mit mehr als 100 Mitarbeitenden”.

Um die Unternehmen des Standorts zu unterstützen, hat die regionale Organisation für Wirtschaftsentwicklung „Région de Nyon”[1] im Jahr 2016 die Entwicklung und Umsetzung eines interbetrieblichen Mobilitätskonzepts im Business Park Terre Bonne initiiert. Dies erfolgte in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Eysins und dem Entwickler des Gewerbegebiets sowie mit finanzieller Unterstützung des Kantons Waadt und des Bundes (über das Programm EnergieSchweiz). Die regionalen Organisationen sind Einrichtungen, die Dienstleistungen im Bereich der Wirtschaftsförderung anbieten. Sie beraten und begleiten Unternehmen bei behördlichen Verfahren auf Kantons- und Gemeindeebene.

Ein Mobilitätskonzept, das mehrere Arbeitgeber:innen betrifft, ist ein standortbezogenes Mobilitätskonzept oder ein interbetriebliches Mobilitätskonzept (plan de mobilité interentreprises – PmiE). Je nach verschiedenen Parametern, insbesondere den Besonderheiten des Standorts (gemeinschaftlich genutzte Parkplätze, Eigentumsverhältnisse der Gebäude, Grösse, Qualität der Verkehrsanbindung usw.) sowie der koordinierenden Stelle des Konzepts (Gemeinde, Gemeindeverband, öffentlich-private Verwaltungsstelle, Privatperson usw.), kann der Ansatz des PMiE variieren. In jedem Fall geht es darum, gemeinsame Massnahmen zu ergreifen, wenn Unternehmen dies allein nicht tun können, nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen oder Kosten sparen möchten. Die Beteiligung der betroffenen Unternehmen sowie eine Kommunikationsstrategie bilden die Grundlage dieses Ansatzes.

Grundsätzlich greift ein PMiE nicht in Bereiche ein, die in die Zuständigkeit der einzelnen Unternehmen fallen, wie z.B. die Subventionierung von Abonnements für öffentliche Verkehrsmittel für Mitarbeitende oder die Bewirtschaftung eines nicht gemeinsam genutzten Parkplatzes. Das PMiE ergänzt somit die individuellen Mobilitätskonzepte der einzelnen Arbeitgeber:innen.

Im Fall von Terre Bonne handelt es sich um einen privaten Standort mit mehreren Eigentümer:innen. Es gibt keine öffentlich-private Verwaltungsstelle und die Parkierung ist nicht gemeinschaftlich organisiert. Angesichts dieser Situation basiert das PMiE im Wesentlichen auf Beratungs-, Informations- und Anreizdienstleistungen, die die Unternehmen bei der Umsetzung von Mobilitätsmassnahmen unterstützen. Unter dem Namen „Guichet Mobile” hat es die Aufgabe, die Mitarbeitenden bei der Wahl ihrer Verkehrsmittel zu beraten. Die Unternehmen und ihre Mitarbeitenden profitieren dabei von Angeboten wie Mobilitätsberatung, Aktionen, Vermittlung von Fahrgemeinschaften, Werbekampagnen usw.

Konkret umfasst das Angebot eine Website, einen regelmässigen Newsletter, Kommunikationsmassnahmen und Informationsstände vor Ort. Hinzu kommen Aktionen und Stände, um Pendler:innen zu sensibilisieren. So bietet der Guichet Mobile beispielsweise regelmässig Mobilitäts-Challenges und Anreize, um die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und aktiver Mobilitätsformen zu fördern. Von Zeit zu Zeit haben die Mitarbeitenden die Möglichkeit, diese Angebote kennenzulernen und sich am Stand - während der Mittagspause im Restaurant des Standorts - beraten zu lassen. Dies ist auch eine Gelegenheit, sich über Anmerkungen und Fragen im Zusammenhang mit ihren Wegen, Fahrausweisen, Infrastrukturen und weiteren Themen auszutauschen.

[1] Die regionalen Organisationen sind Einrichtungen, die Dienstleistungen im Bereich der Wirtschaftsförderung anbieten. Sie beraten und begleiten Unternehmen bei behördlichen Verfahren auf Kantons- und Gemeindeebene.

Multimodalität auf dem Gelände des Business Parks Terre Bonne (Foto: Anne-Laure Lechat)

Hintergrund

Zugang

Der Business Park Terre Bonne liegt am Rande der Agglomeration Nyon. Er ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln und aktiven Mobilitätsformen erreichbar. 

Das Projekt zur Neugestaltung der Kantonsstrasse (RC11) sieht die Schaffung einer zweispurigen Fahrbahn für aktive Mobilitätsformen (Zu Fuss gehen und Velofahren) vor. Die Arbeiten sind für den Zeitraum von Anfang 2026 bis Ende 2027 geplant.

Zu Fuss und mit dem Velo

Der Standort ist direkt an das städtische Fuss- und Velowegenetz sowie an das regionale Velowegenetz angebunden. Der Weg vom Bahnhof Nyon dauert mit dem Velo etwa 10 Minuten und zu Fuss 25 Minuten.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Vier Züge pro Stunde verbinden Nyon mit Lausanne und Genf. Vom Bahnhof aus ist der Business Park dank zwei Regionallinien und einer grenzübergreifenden Linie der "Transports publics nyonnais" (TPN) erreichbar, die insbesondere zu den Stosszeiten Verbindungen sicherstellen. Zusätzlich wird eine städtische Linie vom Arealentwickler und den Unternehmen mitfinanziert, die ebenfalls am Bahnhof hält. Die Busse verkehren zu den Stosszeiten im 10-Minuten-Takt.

Mit dem motorisierten Individualverkehr 

Der Standort ist direkt an das Hauptstrassennetz angebunden (Autobahnausfahrt Nyon). Zu den Stosszeiten ist dieses jedoch stark befahren.

Werkzeugkasten

Vorgehen

Die Förderung und der Anreiz zur Nutzung von Alternativen zum motorisierten Individualverkehr bei Pendler:innen sind notwendig, um den Verkehr und dessen sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen zu reduzieren. Aus diesem Grund hat die regionale Organisation Région de Nyon, die sich für die allgemeine Förderung des öffentlichen Verkehrs und der sanften Mobilität einsetzt, eine Studie gestartet, um „Interessensgebiete” mit mindestens 1’000 Arbeitsplätzen zu identifizieren. Dabei hat sich gezeigt, dass Gewerbegebiete eine interessante Möglichkeit bieten, Massnahmen über die Arbeitgebenden zu bündeln, die die Möglichkeit haben, betriebliche Mobilitätskonzepte zu verwalten und zu interbetrieblichen Mobilitätskonzepten beizutragen. So wurde das PMiE-Programm erstmals im Business Park Terre Bonne in Eysins umgesetzt. 

Région de Nyon koordiniert zusammen mit der Gemeinde Eysins zwei jährliche Gruppentreffen mit den Unternehmen. Ziel ist es, sie über laufende oder geplante Mobilitätsprojekte (Umgestaltungen, neue Angebote im öffentlichen Verkehr, Ausrüstung usw.) zu informieren und sie zur Umsetzung von Mobilitätskonzepten oder Mobilitätsmassnahmen zu ermutigen. Diese Treffen ermöglichen auch den Erfahrungsaustausch zwischen den Mobilitätsbeauftragten, die oft mit unzureichenden Ressourcen und Kenntnissen konfrontiert sind, um Mobilitätsprobleme in ihren Unternehmen anzugehen.

Die Umsetzung des interbetrieblichen Mobilitätskonzepts stützt sich auch auf ergänzende Massnahmen, die von Région de Nyon organisiert werden:

• Einzelgespräche: Diese werden je nach Bedarf zwischen der für das Programm verantwortlichen Person bei Région de Nyon und den Mobilitätsbeauftragten der Unternehmen organisiert. Sie ermöglichen es, spezifische Probleme zu behandeln und jedes Unternehmen auf die verfügbaren Ressourcen hinzuweisen.
• Treffen mit der Gemeinde: finden ein- bis zweimal pro Jahr statt, um die zu ergreifenden Massnahmen festzulegen und die Ergebnisse der umgesetzten Massnahmen zu analysieren.
• Treffen mit den Verkehrsbetrieben: finden zwei- bis dreimal pro Jahr statt, um ihnen die Bedürfnisse der Mitarbeitenden des Business Parks vorzustellen und nützliche Informationen für die Unternehmen auszutauschen.
• Zweijährliche Mobilitätsumfrage: wird durchgeführt, um die Gewohnheiten und Bedürfnisse der Mitarbeitenden in Bezug auf ihre Fortbewegung sowie die Entwicklung des Modalsplits zu ermitteln.
• Bewertung der Dienstleistungen: wird jedes Jahr anhand einer Umfrage unter den Mobilitätsbeauftragten der teilnehmenden Unternehmen durchgeführt.

Durch diesen ständigen Kontakt lassen sich Themen identifizieren, die für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden von Interesse sind, sowie Bedürfnisse und Hindernisse im Zusammenhang mit Verhaltensänderungen.

Die positiven Erfahrungen im Business Park Terre Bonne haben die Umsetzung eines Aktionsplans zur Entwicklung interbetrieblicher Mobilitätslösungen auf Bezirksebene erleichtert.

Finanzierung

Die Finanzierung der von Région de Nyon angebotenen Dienstleistungen (Personalwesen und Werbung), einschliesslich der Kommunikationsmittel des Guichet Mobile, erfolgt durch die regionale Behörde sowie durch die Gemeinde, den Kanton und die Verkehrsbetriebe. Für Unternehmen und Mitarbeitende am Standort Terre Bonne sind die Dienstleistungen kostenlos.

Massnahmen

Stand: 2025

Bauliche Massnahmen

• 848 Parkplätze für Mitarbeitende und Besuchende in verschiedenen Tiefgaragen und im Aussenbereich. Die Parkplätze werden nicht gemeinschaftlich genutzt, jedes Unternehmen verwaltet die gemieteten Parkplätze nach seinen Bedürfnissen.
• 1 Carsharing-Auto von Mobility
• Zentrale Veloabstellanlage im Aussenbereich mit insgesamt ca. 30 Stellplätzen
• Mehrere Veloabstellplätze am Eingang der Gebäude
• Duschen in den Gebäuden
• 1 Station des regionalen Veloverleihnetzes, finanziert vom Business Park
• 1 Restaurant
• 1 Kindertagesstätte
• 1 medizinisches Zentrum

Organisatorische Massnahmen / Anreize

• Jedes Unternehmen verfügt über eine Kontaktperson, die für Mobilität zuständig ist.
• Région de Nyon organisiert zweimal jährlich Treffen der Mobilitätsbeauftragten verschiedener Unternehmen (Comité de répondants mobilité oder COREM) sowie Einzelgespräche.
• Der Guichet Mobile bietet Zugang zu Sonderangeboten, beispielsweise zum Testen des öffentlichen Verkehrs zu vergünstigten Preisen.
• Die Mitarbeitenden von Terre Bonne profitieren von einem vergünstigten Tarif für die Miete von Leihvelos.
• Über das Jahr verteilt werden auch Aktionen durchgeführt, insbesondere in Form von Ständen an den Unternehmensstandorten oder Challenges für aktive Mobilität. 
• In Zusammenarbeit mit den Verkehrsbetrieben werden regelmässig Anreize geschaffen, um die Verlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel und aktive Mobilitätsformen zu fördern.

Informationsmassnahmen

• Der Guichet Mobile ist ein Beratungs- und Veranstaltungsdienst für Mitarbeitende von Unternehmen in der Region. Auf seiner Website (guichet-mobile.ch) finden sich aktuelle Nachrichten und Angebote zum Thema Mobilität sowie ein Chatbot-Tool zur Beratung der Nutzenden.
• Mehrmals im Jahr werden die Mitarbeitenden über die Mobilitätsbeauftragten der Unternehmen per E-Mail über Neuigkeiten im Bereich Mobilität informiert.
• Zweimal jährlich erscheint ein Newsletter für die über die Website registrierten Personen. Dieser befasst sich mit einem bestimmten Thema zu Mobilität und beinhaltet jeweils ein Sonderangebot sowie wichtige Kennzahlen.
• Der Guichet Mobile informiert über die Optionen, die den Bedürfnissen der Mitarbeitenden am besten entsprechen, unter Berücksichtigung der Kosten für Zeit, Geld und CO₂. 
• Er berät die Nutzenden in Bezug auf Billetts und informiert über die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten, darunter öffentliche Verkehrsmittel, Velos, Leihvelos, P+R und Fahrgemeinschaften.
• Der mobile Schalter stellt Unternehmen und Mitarbeitenden nützliche Materialien zur Verfügung, die jährlich aktualisiert werden (Verkehrsnetzplan, Anfahrtsplan zum Areal mit Bus- und Bahnverbindungen).

Anfahrtsplan Terre Bonne 2025 (Quelle: Région de Nyon)

Wirkungen

Verkehr

Verteilung der Verkehrsmittel, die von den Mitarbeitenden für den Weg zwischen Wohnort und Arbeitsplatz genutzt werden (Stand: 2019, 2023 und 2025, Daten aus Mitarbeitendenbefragungen):

Entwicklung des Modalanteils in Terre Bonne (Quelle: Umfragen unter den Mitarbeitenden des Standorts Terre Bonne)

Umwelt und Energie

Interbetriebliche Mobilitätskonzepte fördern den Modalsplit, verringern die Abhängigkeit vom Privatauto und unterstützen den Übergang zu umweltfreundlichen Lösungen.

Gesellschaft

• Die Gemeinden profitieren von der Erfahrung und den Lösungen von Région de Nyon. Die Schritte im Zusammenhang mit den Mobilitätskonzepten von Unternehmen, insbesondere im Rahmen eines Zuweisungsplans oder gegen eine Baugenehmigung, werden vereinfacht.
• Die im Bezirk arbeitenden Einwohner:innen profitieren direkt von den Ergebnissen dieser Massnahmen für ihren Arbeitsweg.

Wirtschaft und Finanzen

• Das Angebot ermöglicht es, die Beziehungen zu den Wirtschaftsakteuren zu stärken und einen besseren Überblick über die umgesetzten Massnahmen zu gewinnen.
• Die Bündelung von Aktionen und Massnahmen an verschiedenen Standorten ermöglicht eine Rationalisierung der Kosten und Anstrengungen.

Erfahrungen

Erfolgsfaktoren

• Einbindung der Gemeinde, direkte Verbindung zwischen Région de Nyon und dem Kanton sowie den Verkehrsbetrieben
• Bearbeitung von Themen und Umsetzung von Massnahmen, die für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden von Interesse sind
• Regelmässiger Kontakt zu Unternehmen und Pendler:innen
• Durchführung der halbjährlichen Umfrage, anschliessende Analyse und Weitergabe der Informationen
• Beteiligung einer Mindestanzahl von Unternehmen an den COREM

Hemmnisfaktoren

• Der Ansatz hat für Unternehmen keine hohe Priorität, da er keine direkten Auswirkungen auf das Kerngeschäft hat
• Fluktuation der Mobilitätsbeauftragten

Erwähnung

• Das Programm wurde erstmals im Terre Bonne Park umgesetzt und anschliessend auf fünf weitere Standorte oder Gebiete von Interesse in der Region Nyon ausgeweitet. Darüber hinaus wurde dieser auf kantonaler Ebene innovative Ansatz von den zuständigen kantonalen Stellen als Vorbild übernommen und anderen regionalen Organisationen im Kanton Waadt zur Verfügung gestellt, die in ihrem Gebiet Programme zur interbetrieblichen Mobilität (PMiE) entwickeln.
• Handbuch MIPA

Weitere Informationen

Dieses Unternehmensbeispiel wurde von der DGMR in Zusammenarbeit mit Région de Nyon für die Beispielsammlung auf Mobilservice verfasst. Région de Nyon hat den Text gegengelesen und die Informationen überprüft. Die Übersetzungen ins Deutsche und Italienische wurden von Mobilservice durchgeführt.

Links

• Guichet Mobile (fr)
• Terre Bonne Park (fr)
• Site Plan Mobilité DGMR (fr)
• Kanton Waadt: Informationen zur Kantonsstrasse RC11 (fr)

Dokumente auf Französisch

• Plan partiel d’affectation « Terre Bonne – Le Nipy » [PDF, 3.89 MB]
• Brochure PMiE [PDF, 7.31 MB]
• Plan d’accès Terre Bonne 2025 [PNG, 249.4 KB]

Dokumente auf Deutsch

• Handbuch MIPA [PDF, 8.93 MB]

Kontakt

Région de Nyon:

Programme Plans de mobilité interentreprises (PMiE)
Contact Guichet Mobile
info@regiondenyon.ch

Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Beispiels:

Direction générale de la mobilité et des routes (DGMR), Kanton Waadt