Kurzbeispiel: Mobilitätsmanagement bei Märkten und Veranstaltungen in Aarau
Créé le 03.12.2025
Hinweis zur Anreise mit dem ÖV auf dem Aarauturf-Plakat (Bild: Aargauischer Rennverein)
Die Stadt Aarau ist durch ihre zentrale Lage ein attraktiver Ort für Veranstaltungen und Märkte von unterschiedlicher Grösse. Je nach Event reisen die Besucherinnen und Besucher aus der näheren Umgebung oder auch von weiter weg an. Es ist ein wichtiges Anliegen der Stadt, als Veranstaltungsort attraktiv zu bleiben, den durch diese Veranstaltungen und Märkte ausgelösten Verkehr jedoch möglichst nachhaltig zu gestalten. Aarau hat deshalb ein städtisches Konzept «Mobilitätsmanagement bei Märkten und Veranstaltungen» erarbeitet, das vom Stadtrat 2023 beschlossen wurde und seither umgesetzt wird. Das städtische Konzept legt dar, wie Mobilitätsmanagement bei Märkten und Veranstaltungen in Aarau umgesetzt wird. Die Mobilitätsmanagement-Pflicht ist mittels Auflage in der Bewilligung oder im Nutzungsvertrag geregelt.
Version en ligne: https://www.mobilservice.ch/fr/3512.html
Profil & données-clés
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Coûts d'exploitation annuels
- moyens (jusqu'à Fr. 20'000.-)
Coûts d'investissement
- élevés (plus de Fr. 50'000.-)
Bemerkungen
Investitionskosten:
Partizipative Erarbeitung des Konzepts mit Unterstützung der Büro für Mobilität AG (ca. 30'000 CHF); Kauf von Veloparksystemen und -pumpen usw. (ca. 30'000 CHF); Modal-Split-Erhebung und Auswertung mit Unterstützung der Rapp Trans AG (30’000 CHF), interne Arbeitszeit für den Aufbau, die Begleitung und Einführung (ca. 5-10 Stellen-% im Einführungsjahr für Gespräche mit Veranstalter:innen); Digitalisierung des Bewilligungsprozesses für Veranstaltungen (alle Aspekte, nicht nur Mobilitätsmanagement) steht noch an.
Betriebskosten:
Ab 2026 nur noch Personalkosten für Prüfung der Bewilligungen
Type de territoire
- Centre / Ville
- Agglomération
- Rural / Village
Taille de la commune
- 5'000 - 10'000 habitants
- 10'000 - 20'000 habitants
- > 20'000 habitants
Beschreibung
Hintergrund
Die Stadt Aarau ist durch ihre zentrale Lage ein attraktiver Ort für Veranstaltungen und Märkte von unterschiedlicher Grösse. Vom lokalen Wochenmarkt über den regional bekannten "Rüeblimärt" bis hin zu nationalen Grossveranstaltungen finden Jahr für Jahr diverse Anlässe in Aaraus städtischen Liegenschaften und auf dem öffentlichen Grund der Einwohner- und der Ortsbürgergemeinde statt. Je nach Event reisen die Besucherinnen und Besucher aus der näheren Umgebung oder auch von weiter weg an. Es ist ein wichtiges Anliegen der Stadt, als Veranstaltungsort attraktiv zu bleiben, den durch diese Veranstaltungen und Märkte ausgelösten Verkehr jedoch möglichst nachhaltig zu gestalten. Denn die Aargauer Hauptstadt hat in ihrer Klimastrategie 2020 und auch in weiteren Bereichen wie der Siedlungsentwicklung, der Verkehr- sowie Energie- und Klimapolitik Nachhaltigkeitsziele beschlossen. Ausserdem stösst Aaraus Strassennetz auch im Alltag immer wieder an seine Kapazitätsgrenzen, so dass Veranstaltungen und Märkte die Durchlässigkeit der Strassenverkehrsinfrastrukturen möglichst wenig belasten sollen.
Aarau hat deshalb ein städtisches Konzept «Mobilitätsmanagement bei Märkten und Veranstaltungen» erarbeitet, das vom Stadtrat 2023 beschlossen wurde und seither umgesetzt wird. Die Stadt Aarau ist damit Vorreiterin. Mobilitätsmanagement bei kleinen und mittleren Veranstaltungen ist bisher in der Schweiz abgesehen von einigen Ausnahmen kaum oder nicht geregelt. Viele Städte entscheiden zwar von Fall zu Fall, aber verlangen meistens hauptsächlich Massnahmen zur Verkehrsbewältigung und nicht die aktive Steuerung der Mobilität von Veranstaltungs-Teilnehmenden.
Angebot
Das städtische Konzept legt dar, wie Mobilitätsmanagement bei Märkten und Veranstaltungen in Aarau umgesetzt wird. Die Mobilitätsmanagement-Pflicht ist mittels Auflage in der Bewilligung oder im Nutzungsvertrag geregelt und umfasst folgende Veranstaltungsformen:
- Veranstaltungen und Märkte auf öffentlichem Grund
- Veranstaltungen in städtischen Liegenschaften
- Veranstaltungen und Märkte, die öffentlichen Grund zum Parkieren beanspruchen
Veranstaltungen und Märkte mit weniger als 500 Teilnehmenden sind von der Mobilitätsmanagement-Pflicht befreit. Grössere werden in zwei Kategorien aufgeteilt und müssen unterschiedliche Punktzahlen erreichen, welche sich durch die Umsetzung von verschiedenen Massnahmen ergeben:
- MINI: 500 – 5'000 Teilnehmende UND die Veranstaltung findet maximal 3x jährlich statt.
- MAXI: Über 5'000 Teilnehmende ODER 500 – 5'000 Teilnehmende UND die Veranstaltung findet mehr als 3x jährlich statt.
Auch regelmässiger als ein Mal pro Jahr stattfindende Veranstaltungen und Märkte müssen nur jährlich das Meldeformular ausfüllen. Zuständig für die Prüfung des ausgefüllten Formulars (d.h. die Umsetzung von genügend Massnahmen in Bezug auf die Grösse und Regelmässigkeit der Veranstaltung) war im Einführungsjahr die Fachstelle Mobilität und Öffentlicher Raum.
Zwei Basis-Massnahmen müssen von allen Veranstaltungen umgesetzt werden:
- Kommunikation zur An-/ und Abreise vor der Veranstaltung: Im Vorfeld der Veranstaltung kommuniziert der Veranstalter / die Veranstalterin aktiv auf ihren bestehenden Kommunikationskanälen zur Anreise ohne eigenes Auto, indem entweder (neue) Mobilitätsangebote wie z.B. Velo-Abstellplätze, ein Shuttlebus oder ein ÖV-Kombiticket hervorgehoben werden oder die Tatsache, dass Parkplätze nur beschränkt verfügbar und kostenpflichtig sind sowie der Nutzen der Anreise ohne Auto für die Gastronomie, die Kosten der Alternativen oder andere Aspekte.
- Busbetriebe Aarau kontaktieren, um allfällige Auswirkungen der Veranstaltungen auf den Busbetrieb zu klären (und eine eventuelle Zusammenarbeit für Dienstleistungen zu vereinbaren).
Ausserdem führt die Stadt beispielhaft zehn weitere konkrete Massnahmen auf, die je nach Organisations- und Kostenaufwand respektive Wirkung zu Punktzahlen führen. Der Werkhof bietet zudem die Miete von mobilen Velo- und Mini-Scooter-Abstellanlagen sowie Velopumpen an. Ausserdem können die Verantwortlichen auch eigene Massnahmen aufführen und bewerten.
Umsetzung
Als Grundlage für die Einführung wurde 2024 bei allen betroffenen Veranstaltungen und Märkten eine Erhebung durchgeführt, um den aktuellen Modal Split der Teilnehmenden respektive Besuchenden zu erheben. Dieser war sehr unterschiedlich je nach Standort und Art des Anlasses und dem damit verbundenen Zielpublikum. Der MIV-Anteil variierte von 12 bis 80%, der öV-Anteil von 8 bis 45% und der Anteil der aktiven Mobilität von 8 bis 77%.
Die Einführung des Mobilitätsmanagements bei Märkten und Veranstaltungen erfolgte ab dem Jahr 2025 und wurde allen Betroffenen in einem persönlichen Brief angekündigt. Im ersten Jahr war die Fachstelle Mobilität dafür zuständig, die über 40 Meldeformulare zu prüfen und die Veranstaltungsorganisationen bei Fragen zu unterstützen. Für die möglichst einfache Umsetzung hat sie ein Meldeformular (Excel-Tabelle) sowie einen Anhang mit Erläuterungen erstellt, in dem die verschiedenen Massnahmen aufgeführt sind. Im Formular ist ersichtlich, welche Massnahme wieviel Aufwand (Personal, Kosten) und Wirkung generiert und entsprechend Punkte gibt zur Erfüllung der Mobilitätsmanagement-Pflicht.
Dabei hat sich gezeigt, dass die Kommunikation mit den Veranstalterinnen und Veranstaltern zentral war: im direkten Gespräch konnte aufgezeigt werden, dass es nicht um zusätzliche administrative Auflagen geht, sondern um wirkungsvolle Massnahmen, die bei vielen Veranstaltungen einfach umzusetzen sind und damit auf Verständnis stiessen. Dieses wurde auch erhöht, wenn aufgezeigt wurde, dass die Massnahmen für Veranstaltungen und Märkte im Rahmen der umfassenden städtischen Bestrebungen stehen, die Mobilität in allen Formen möglichst nachhaltig zu gestalten, und dazu alle ihren Beitrag leisten. Ein weiteres Erfolgskriterium war die Basis der partizipativen Erarbeitung des Konzepts, bei dem die Verantwortlichen von grossen und regelmässigen Veranstaltungen bereits mit Gesprächen und Online-Workshops einbezogen wurden und dadurch wussten, was Ziele und Hintergründe sind und an der Ausgestaltung des Prozesses mitarbeiten konnten.
Das erste Jahr der Umsetzung hat bereits zahlreiche positive Resultate gezeigt, insbesondere in der Kommunikation vor und während den Veranstaltungen wurde aktiv und attraktiv auf die Anreise mit Alternativen zum MIV hingewiesen (siehe Abbildungen).
Hinweise zur Anreise bei Pride Aargau und Aargauer Volkslauf (Bilder: Flyer und Website der Veranstaltungen)
Hinweise zur Anreise bei der HFGS-Diplomfeier (Bild: HFGS)
Hinweise zur Anreise beim Circus Knie in Aarau (Bild: Website Circus Knie)
Einige Veranstaltungen haben auch bereits weitere Massnahmen umgesetzt, so erhalten an der Aargauer Messe AMA alle, die mit dem öV anreisen, 50% Ermässigung auf den Eintritt, bei «Musig i de Altstadt» wurden mehrere temporäre Velo-Abstellplätze aufgestellt und signalisiert. Das Openair Cinema bot einen HitchHike-Mitfahrpunkt für Fahrgemeinschaften an.
Hinweis auf dem AMA-Flyer zur 50%-Eintritts-Ermässigung bei öV-Anreise (Bild: AMA)
Werbung für den HitchHike-Mitfahrpunkt am Openair Cinema Aarau (Bild: HitchHike )
Ab 2026 werden die Bewilligungsinstanzen (Gewerbepolizei, Sektion Sport, Ortsbürgergemeinde) das Meldeformular für Mobilitätsmanagement gemeinsam mit den weiteren Auflagen (Abfall, Sicherheit, etc.) prüfen und nur noch in Sonderfällen die Fachstelle Mobilität einbeziehen.
Wirkung
Die Auswirkungen der neu eingeführten Mobilitätsmanagement-Massnahmen auf die Verkehrsmittelwahl der Teilnehmenden werden sich erst noch zeigen. Auf Grundlage der Modal-Split-Erhebungen 2024 können diese in Zukunft überprüft werden. Das Fazit der Einführung des Mobilitätsmanagements bei Märkten und Veranstaltungen ist aber bereits positiv: es stösst bei den meisten Organisator:innen von Märkten und Veranstaltungen auf Akzeptanz, auch wenn es eine gewisse Anlaufzeit braucht. Dass mit den neuen Regeln ein initialer Mehraufwand erforderlich ist, liegt auf der Hand. Ab dem zweiten Jahr reduziert sich dieser aber für alle Beteiligten.
Vor allem auf kommunikativer Ebene ist die Sichtbarkeit der nachhaltigen Mobilität durch die umgesetzten Massnahmen deutlich gestiegen. Die kostenpflichtige Nutzung der mobilen Veloabstellanlagen war bisher noch nicht sehr stark, da die meisten Veranstaltungen sehr enge Budgets haben und lieber einfache (kostenlose) Parkzonen für Velos ausweisen ohne zusätzliche Infrastruktur. Kritik von den Veranstalter:innen kommt insgesamt vor allem bezüglich Mehrkosten und Mehraufwand für die Umsetzung von zusätzlichen Mobilitätsmassnahmen oder - aus ihrer Sicht - ungeeigneten Massnahmenvorschlägen.
Die anfängliche Angst, dass weniger Teilnehmende zu den Veranstaltungen kommen, konnte entkräftet werden, es gibt keine Einschränkungen, sondern lediglich Anreize. Dazu müssen aber auch die Rahmenbedingungen stimmen, so plant die Stadt eine bessere Buserschliessung des Schachens, wo viele Veranstaltungen stattfinden. Und ab 2026 sollten alle öffentlichen Parkplätze bewirtschaftet sein, sodass auch hier keine Fehlanreize mehr bestehen.
