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Pfingstweidpark Zürich: Gendergerechte Freiraum- und Fusswegplanung (mit Kurzbeispiel)

Erstellt am 29.08.2019

Pfingstweidpark mit Schulhaus in Zürich-West  (Bild: Jürg Zimmermann, Zürich) Pfingstweidpark mit Schulhaus in Zürich-West (Bild: Jürg Zimmermann, Zürich)

Die Bedürfnisse an Gebäude und öffentliche Räume sind so unterschiedlich wie die verschiedenen NutzerInnengruppen. Der Verein Lares setzt sich dafür ein, dass diese vielfältigen Bedürfnisse in Planungsprozessen und Bauprojekten systematisch berücksichtigt werden und damit letztlich ein Kulturwandel erfolgt. Das Beispiel des Pfingstweidparks in Zürich zeigt, welchen Einfluss gender- und alltagsgerechte Vorgaben im Wettbewerbsprogramm haben und wie eine entsprechende Beurteilung die Planungsarbeiten nutzbringend beeinflusst.

Profil & Eckdaten

zugeordnete Tags/Schlagwörter

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  • Einkauf

Investitionskosten

  • mittel (bis Fr. 50'000.-)
0 10'000 50'000
  • mittel (bis Fr. 50'000.-)

Raumtyp

  • Zentrum / Stadt
  • Agglomeration
  • Ländlich / Dorf

Gemeindegrösse

  • < 5'000 Einwohner
  • 5'000 - 10'000 Einwohner
  • 10'000 - 20'000 Einwohner
  • > 20'000 Einwohner

Beispiel Pfingstweidpark Zürich

Der Pfingstweidpark bietet vielfältige Angebote für unterschiedliche Nutzerinnen- und Nutzergruppen. (Bild: Grün Stadt Zürich) Der Pfingstweidpark bietet vielfältige Angebote für unterschiedliche Nutzerinnen- und Nutzergruppen. (Bild: Grün Stadt Zürich)

Der Pfingstweidpark ist ein Quartierpark in Zürich-West, einem ehemaligen Industriegebiet, das seit den 1990er-Jahren kontinuierlich in ein gemischt genutztes Gebiet umgewandelt wird. Im Zuge dieser Umstrukturierung entstand auch ein Bedarf für neue Frei- und Erholungsräume. Die Stadt Zürich schrieb darum 2010 einen Projektwettbewerb für einen Park aus. Dieser Quartierpark sollte den vielfältigen Bedürfnissen Rechnung tragen und die Identifikation der Bevölkerung mit dem Quartier fördern. Um diese Ziele zu erreichen, wurden Lares-Fachfrauen bei der Erstellung des Wettbewerbsprogramms, der Prüfung der Vorprojekte sowie während der Jurierung beigezogen. Ausserdem begleiteten sie das Siegerprojekt von antón & ghiggi landschaft architektur während der Vorprojektphase. Im September 2015 wurde der Park eröffnet. Entstanden ist ein attraktiver, funktional vielschichtiger Quartierpark mit Spielräumen, die fliessende Übergänge bilden, Bepflanzungen, die Rückzugsorte schaffen und dennoch Überschaubarkeit ermöglichen, ruhigen Aufenthaltszonen und unterschied-lich ausgestatteten Erschliessungswegen. In einer zweiten Etappe wurde Mitte 2019 ein Schulhaus eröffnet, welches das Areal zur stark befahrenen Pfingstweidstrasse räumlich abschliesst. Das Schulleben orientiert sich gegen den Park und belebt diesen damit zusätzlich.

Beschreibung

Hintergrund

Am Ort des heutigen Pfingstweidparks war einst eine Allmende, später ein Familiengartenareal (Bild: Grün Stadt Zürich) Am Ort des heutigen Pfingstweidparks war einst eine Allmende, später ein Familiengartenareal (Bild: Grün Stadt Zürich)

Menschen haben je nach Alter, Geschlecht, Herkunft und Lebensstilen ganz unterschiedliche Bedürfnisse. So erstaunt es kaum, dass auch beim Mobilitätsverhalten Unterschiede feststellbar sind. Wie der Mikrozensus Mobilität und Verkehr (Bundesamt für Statistik, 2015) zeigt, sind Frauen z.B. häufiger als Männer zu Fuss unterwegs. Dies ergibt sich unter anderem aus der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung von Frauen und Männern, die nach wie vor existiert. Bei Planungsprozessen, die den öffentlichen Raum betreffen, ist darum wichtig, sich von Anfang an folgende Fragen zu stellen:

  • Für wen bauen wir? Wer sind die künftigen Nutzerinnen und Nutzer eines Platzes oder einer Parkanlage? Wurden die Bedürfnisse der (potenziellen) NutzerInnen erhoben? Wird auf ihr Wohlbefinden Rücksicht genommen?
  • Wird auf eine ausgewogene Nutzungsmischung geachtet?
  • Wird speziell auf junge Menschen, sozial Schwache und ältere Personen und ihre jeweiligen geschlechtsspezifischen Unterscheide Rücksicht genommen? Wie wird Begegnung und Rückzug (kommunikative, geschützte Bereiche) sowie Aneignung und Identifikation ermöglicht?
  • Wie sind subjektive Sicherheitsaspekte berücksichtig? Ist Information und Orientierung für die Öffentlichkeit vorhanden

In der Schweiz setzt sich der Verein Lares seit 2006 für gender- und alltagsgerechtes Planen und Bauen ein. Lares-Fachpersonen machen in konkreten Projekten Verbesserungsvorschläge. Mit öffentlichen Veranstaltungen (Lares on tour, Lares input) schafft der Verein in der Planungs- und Baubranche Verständnis für die konsequente Integration der Vielfalt von Bedürfnissen.

Als die Stadt Zürich 2010 einen Projektwettbewerb für einen Park in Zürich-West ausschrieb, war sie sich dieser vielfältigen Freiraum- und Erholungsbedürfnisse bewusst. Das ehemalige Industriequartier hatte sich seit den 1990er Jahren kontinuierlich in ein gemischt genutztes Gebiet umgewandelt. Durch diese Veränderungen entstand ein Bedarf an neuen Infrastrukturen wie Schulen oder Freiräume. Die Stadt suchte einen Quartierpark, der gemäss Wettbewerbsausschreibung die «Identifikation der dortigen Wohn- und Arbeitsbevölkerung mit dem Quartier fördert und ihren vielfältigen Freiraum- und Erholungsbedürfnissen Rechnung trägt» (Grün Stadt Zürich, 2010).

Angebot

Beim Pfingstweidpark waren zwei Lares-Fachfrauen von Beginn weg ins Projekt involviert. Die Geographin Dr. Elisabeth Bühler und Gudrun Hoppe, dipl. ing. Landschaftsarchitektin BSLA, begleiteten den Wettbewerb als Fachexpertinnen für die Genderthematik. Sie erarbeiteten Planungsempfehlungen zur geschlechtssensiblen Gestaltung öffentlicher Parkanlagen, die Bestandteil des Wettbewerbsprogramms waren. Darin weiteten sie den Blick auf die vielfältigen Bedürfnisse der verschiedenen Nutzerinnen und Nutzer des Parks mit Fragen wie folgenden:

  • Werden Hauptachsen der Umgebung aufgenommen und damit die Alltagswege der Menschen im Quartier erleichtert? 
  • Werden Rundgänge im Park auch Personen ermöglicht, die sich „rollend“ mit Rollstühlen, Kinderwagen oder Dreirädern fortbewegen?
  • Weist der Park in der Nähe von (Klein-) Kinderspielflächen auch für Betreuungspersonen attraktive Aufenthaltsorte auf?
  • Sind die Hauptwege und andere wesentliche Parkelemente übersichtlich angelegt und gut ausgeleuchtet?
  • Bestehen vielfältige Angebote für Sport und Spiel für verschiedene Gruppen und Altersklassen?
  • Stehen Sitzmöbel zur Verfügung, die auch von älteren Menschen problemlos benutzt werden können?

Gemäss der Wettbewerbsausschreibung waren alle Teams verpflichtet, einen Plan «Soziale Nachhaltigkeit - gender mainstreaming» als Bestandteil des Wettbewerbsprojektes einzureichen. Mit Hilfe eines Kriterienrasters, der sich an den Planungsempfehlungen orientierte, beurteilten die Lares-Fachfrauen alle Projekte im Rahmen der Vorprüfung. Das Siegerprojekt von antón und ghiggi landschaft architektur wurde während der Vorprojektphase weiter begleitet.

Im Wettbewerb war von jedem Team ein Plan «Soziale Nachhaltigkeit und gender mainstreaming» gefordert. (Quelle: antón und ghiggi landschaft architektur) Im Wettbewerb war von jedem Team ein Plan «Soziale Nachhaltigkeit und gender mainstreaming» gefordert. (Quelle: antón und ghiggi landschaft architektur)

Erfahrungen

Im September 2015 wurde der Park eröffnet. Gudrun Hoppe, Lares-Fachfrau im Projekt, beurteilt das Ergebnis positiv: «Entstanden ist ein attraktiver, funktional vielschichtiger Quartierpark. Die verwendeten Materialien erzählen von der Vorgeschichte des Areals. Der realisierte Park ermöglicht eine Vielfalt von Nutzungen und wirkt als stimmiger Grünraum im Spannungsfeld zwischen Bahngeleisen, neuer Wohnbebauung und viel frequentierten Bereichen im Umfeld wie beispielsweise dem Toni-Areal. Es entstanden Spielräume, die fliessende Übergänge bilden, Bepflanzungen, die Rückzugsorte schaffen und dennoch Überschaubarkeit ermöglichen, ruhige Aufenthaltszonen und unterschiedlich ausgestattete Erschliessungswege.» Das Schulhaus Pfingstweid, welches im August 2019 seine Tore öffnete, schliesst das Areal zur stark befahrenen Pfingstweidstrasse räumlich ab. Das Schulleben orientiert sich gegen den Park und wird diesen zusätzlich beleben.

Beim Pfingstweidpark wurden Lares-Fachfrauen in sämtlichen Projektphasen einbezogen. Eine Beratung durch Lares ist aber in jeder Phase grundsätzlich möglich und wirkungsvoll. Dass Lares in Planungsprozessen und Bauprojekten klare Mehrwerte bringt, wurde durch eine wissenschaftliche Evaluation (Nutzenevaluation, Schlussbericht zuhanden des Projektes Lares, PH Bern, 2012) belegt: Lares-Fachfrauen bringen eine Aussensicht und damit neue Impulse in Projekte. Sie sind selber Sachverständige für Planung und Bau und verbinden diese Kenntnisse mit Fachwissen zu Gender und sozialer Nachhaltigkeit. Dadurch können sie auf allen Ebenen – von der Strategie bis zu konkreten Bauplänen – praxistaugliche Optimierungsvorschläge einbringen. Lares steigert die Qualität von Projekten und trägt zu mehr Lebensqualität in der Siedlungs- und Raumentwicklung bei.

Gelegenheiten zum Spielen (Bild: Verein Lares) Gelegenheiten zum Spielen (Bild: Verein Lares)

Wirkung

Umwelt und Energie

Der Pfingstweidpark ist ein attraktiver Naherholungsraum, fördert den Fussverkehr und trägt zu kurzen Wegen im Bereich Freizeitmobilität bei. Zu einem grossen Teil besteht der Park aus Abbruchmaterial von ehemaligen Industriegebäuden. Dieses Materialrecycling schont Ressourcen und reduziert Transportwege.

Gesellschaft

Der Park berücksichtigt die vielfältigen Bedürfnisse der verschiedenen Nutzerinnen und Nutzer. Mit einem Plan soziale Nachhaltigkeit und Gender Mainstreaming wurden die zum Wettbewerb zugelassenen Architektur- und Freiraumplanungsteam verpflichtet, die vielfältigen Bedürfnisse der verschiedenen Nutzerinnen und Nutzer von Anfang an zu berücksichtigen. Ursprünglich war ein Parkcafé vorgesehen, das jedoch aus finanziellen Gründen zurückgestellt werden musste. Dieses hätte zur zusätzlichen Belebung des Parkes beigetragen.

Wirtschaft

Werden die vielfältigen Bedürfnisse der verschiedenen NutzerInnengruppen von Beginn im Projekt berücksichtigt, steigert dies die Attraktivität und spätere Nutzung des Projekts und ermöglicht, Ressourcen sinnvoll zu investieren. Die oben erwähnte Wiederverwertung von Abbruchmaterial brachte neben dem ökologischen Mehrwert auch Kosteneinsparungen.

Werkzeugkasten

Vorgehen

Beim Pfingstweidpark wurden Lares-Fachfrauen in sämtlichen Projektphasen miteinbezogen. Dies entspricht einem idealtypischen Prozess, welcher nicht bei allen Genderbeurteilungen von Lares in dieser Form umgesetzt werden kann.

  1. Wettbewerbsvorbereitung (2010): Für das Wettbewerbsprogramm entwickelten Lares-Expertinnen im Auftrag der Stadt Zürich Planungsempfehlungen zur gendersensiblen Gestaltung öffentlicher Parkanlagen. Die Lares-Fachfrauen konnten erreichen, dass alle Teams dazu verpflichtet wurden einen Plan «Gender Mainstreaming – Soziale Nachhaltigkeit» als Bestandteil des Wettbewerbsprojektes einzureichen.
  2. Prüfung der eingereichten Projekte: Anhand einer Kriterienliste wurden die 50 eingereichten Projekte in Bezug auf soziale Nachhaltigkeit beurteilt. Die Expertinnen waren während der drei Jurytage anwesend und standen für Fragen und Diskussionen zum Thema zur Verfügung.
  3. Begleitung in Vorprojektphase: Das Siegerprojekt von antón und ghiggi landschaft architektur wurde während der Vorprojektphase weiter von einer Lares-Fachfrau in Bezug auf soziale Nachhaltigkeit begleitet.
  4. 2015 veranstaltete der Verein Lares in Kooperation mit der Fachstelle Gesellschaft und Planung des sia eine Führung durch den frisch eröffneten Park.
  5. 2019: Eröffnung Schulhaus Pfingstweid

Schulanlage Pfingstweid – Ansicht Süd, Quartierparkseite (Bild: Stadt Zürich) Schulanlage Pfingstweid – Ansicht Süd, Quartierparkseite (Bild: Stadt Zürich)

Finanzierung

Der Aufwand für eine Genderberatung ist abhängig von der Planungsphase, der Flughöhe und Bearbeitungstiefe. Erfahrungsgemäss beläuft es sich im Rahmen von Fr. 10'000 – 30'000.- pro Auftrag. Bestandteile sind Arbeitssitzungen mit der Bauträgerschaft und Projektbeteiligten, evtl. Workshops mit potentiellen zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern, Gendergutachten mit phasengerechten Kriterienlisten, Optimierungsvorschlägen und Kontrollfragen zu spezifischen Bereichen des Planungs- oder Bauprojekts. Die Finanzierung ist Sache der Bauträgerschaft

Marketing

Wissenstransfer und Vernetzung der Mitglieder, Verwaltung, Bauherrschaften, anderen Fachverbänden und am Thema Interessierten sind wichtige Anliegen des Vereins Lares. Langfristiges Ziel ist es auch, dass das Verhältnis von Frauen und Männern bei Planungs- und Bauentscheiden ausgeglichen ist.

Lares war ein Projekt von 2006 - 2012, getragen von verschiedenen Fachvereinen (FFU, P,A,F., SVIN, Frau + SIA), der Stadtplanung und der Fachstelle für die Gleichstellung von Frau und Mann der Stadt Bern. Das EBG unterstützte das Projekt im Rahmen der Finanzhilfen nach Gleichstellungsgesetz. Daraus entstand 2013 der gleichnamige Verein Lares. Laren sind in der römischen Religion die Schutzgötter bestimmter Orte. Der Verein veranstaltet mit dem Lares on tour jährlich eine Begehung von Fachhochschulen oder öffentlichen Räumen bei welchen eine Genderbeurteilung vollzogen wurde. In diesem Rahmen fand eine Begehung des Pfingstweidareals statt. Das Bildungsformat Lares input multipliziert Wissen zur gendersensiblen Planung und benachbarten Fachgebieten. Zudem bietet der Verein mit Lares-Fachpersonen Genderberatungen zur Sicherung und Steigerung der baulichen und räumlichen Qualitäten gemäss den Zielen der sozialen Nachhaltigkeit.

Lares on tour: Rundgang im Pfingsweidpark im Juni 2015 (Bild: Verein Lares) Lares on tour: Rundgang im Pfingsweidpark im Juni 2015 (Bild: Verein Lares)

Weitere Informationen

Weiterführende Links: 

Kontaktadressen und Bezugsquellen:  

Verein Lares – Gender- und alltagsgerechtes Planen und Bauen 
Hirschengraben 2 
3011 Bern 
Telefon 031 311 93 63 
www.lares.ch

Grün Stadt Zürich
Beatenplatz 2
8001 Zürich 
Telefon 044 412 27 68
gsz-info@zuerich.ch 
www.stadt-zuerich.ch/gsz 

Fragen Sie auch die Vertreter von Mobilservice Praxis Ihres Kantons um Rat. 

Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Praxis Beispiels: 

Büro für Mobilität AG 
Hirschengraben 2 
CH-3011 Bern 
Tel. 031 311 93 63 
 

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