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Velo-Hauslieferdienst (mit Kurzbeispielen)

Erstellt am 03.12.2013
Aktualisiert am 01.10.2014

Profil & Eckdaten

zugeordnete Tags/Schlagwörter

  • Gemeinden
  • Fuss
  • Velo
  • Einkauf
  • ÖV
  • Auto

Investitionskosten

  • hoch (ab Fr. 50'000.-)
0 10'000 50'000
  • hoch (ab Fr. 50'000.-)

Jährliche Betriebskosten

  • hoch (ab Fr. 20'000.-)
0 5'000 20'000
  • hoch (ab Fr. 20'000.-)

Raumtyp

  • Zentrum / Stadt
  • Agglomeration
  • Ländlich / Dorf

Gemeindegrösse

  • 5'000 - 10'000 Einwohner
  • 10'000 - 20'000 Einwohner
  • > 20'000 Einwohner

Wer einkauft, lässt die Ware im Geschäft stehen und erhält sie per Elektrovelo mit Anhänger innert Kürze nach Hause geliefert. Der Velo-Hauslieferdienst (VHLD) ist deshalb der "Kofferraum-Ersatz" schlechthin: Wer keine schwere Ware tragen kann oder will, kann unbeschwert zu Fuss oder mit dem Velo einkaufen und anschliessend zum Kaffee mit Freunden oder ins Kino, ohne die Ware mittransportieren zu müssen. Die Dienstleistung deckt in idealer Form die Interessen der Kunden und der Geschäfte, aber auch die Anliegen der Allgemeinheit an eine nachhaltige Mobilität und an die soziale Integration.


Beispiel Stadt Burgdorf

Der schweizweit erste Velo-Hauslieferdienst wurde 1997 in Burgdorf aus der Taufe gehoben. Von rund 30 Partnergeschäften in Burgdorf lassen sich durch das Angebot der Stiftung Intact die Einkäufe für Fr. 3.- innert 3 Stunden per E-Bike mit Anhänger nach Hause liefern. Heute hat sich der Velo-Hauslieferdienst in der einkaufenden Bevölkerung breit etabliert: mit jährlich fast 30‘000 Lieferungen auf rund 15‘000 Einwohner ist der Service aus dem Regionalzentrum Burgdorf nicht mehr wegzudenken. Erweitert wurde der Service mit einem kostenlosen Recycling-Dienst: Leergut wie Altglas, PET, Blech oder auch Elektrogeräte können dem Velo-Haulieferdienst an der Haustüre mitgegeben werden.

Eine Evaluation 2002 hat gezeigt, dass der Velo-Hauslieferdienst ein beträchtliches Förderungspotenzial für das Velofahren und Zufussgehen darstellt, sind doch 21% der NutzerInnen im Einkaufsverkehr vom Auto auf den Langsamverkehr umgestiegen. Bestärkt durch den Erfolg in Burgdorf wurden 2008 in Langnau und 2013 in Kirchberg weitere Standorte erfolgreich aufgebaut.

Beispiel Stadt Biel

Kurzbeispiel "Velo-Hauslieferdienst '1-2 Domicile' in Biel" Ende 2011 wurde unter dem Namen „1-2 Domicile“ der Velo-Hauslieferdienst in der Stadt Biel lanciert. Bereits seit mehreren Jahren hat die Stadtplanung Biel das Projekt mit dem Ziel verfolgt, den Einkaufenden ein Service zu bieten, welcher sie animiert statt mit dem Auto ins Einkaufszentrum am Stadtrand besser per Velo, zu Fuss oder mit dem ÖV in die Stadt  zu fahren. Unter Begleitung eines Fachbüros wurde eine Kerngruppe mit Akteuren aus der City-Vereinigung, dem Beschäftigungsprogramm, der Stadtplanung und der sozialen Dienste gebildet, welche das Projekt aufgegleist hat. Die Trägerschaft liegt bei der Innenstadtvereinigung City Biel-Bienne. Betrieben wird der Lieferdienst durch das Landschaftswerk Biel-Seeland mit Langzeitarbeitslosen, welche von der Arbeitsintegration der Stadt vermittelt werden. Die Stadt hat sich im Rahmen eines Aufbaubeitrags beteiligt. Der Lieferdienst orientiert sich in seiner Funktionsweise am Modell Burgdorf Heute lassen sich die Einkäufe bereits in rund 40 Geschäften aufgeben und für Fr. 3.- nach Hause liefern (die Geschäfte beteiligen sich mit Fr. 2.- pro Lieferung).

Dokumente auf Deutsch

Dokumente auf Französisch

Beschreibung

Hintergrund

Einkaufsgewohnheiten und -Bedürfnisse verändern sich ständig. Neben dem Trend zum Einkaufen per Auto in Einkaufszentren steigt bei vielen, insbesondere städtischen Einkaufenden das Bedürfnis nach Flexibilität beim Einkaufen. Es gilt: Shopping in der City ist weit mehr als Einkaufen – es ist Teil von mehreren Aktivitäten in der Stadt oder im Dorf, sei es der Kaffee mit Freunden, der Kinobesuch oder der Shopping-Bummel.

Das Tragen von eingekaufter Ware ist für viele Leute der Grund, weshalb sie für den Einkauf auch bei kurzen Distanzen das Auto benutzen oder für den Einkauf separate Wege zurücklegen. Der Velo-Hauslieferdienst bietet  hierzu eine Alternative. Die Kunden können mit einer höheren Flexibilität zwischen Einkauf, Arbeit und Freizeit ohne Einkaufsware unterwegs sein, müssen keine Ware auf längeren Fusswegen schleppen und können die eingekaufte Ware unbesorgt deponieren und nach Hause transportieren lassen.

Angebot

Der Velo-Hauslieferdienst funktioniert wie folgt: Der Kunde füllt im Geschäft, welches mit dem Velo-Hauslieferdienst kooperiert, einen Lieferschein aus und gibt seine Ware an der Kasse oder einer spezifischen Annahmestelle ab. Das Geschäft kontaktiert entweder den Hauslieferdienst oder wird von ihm bei häufigen Aufträgen regelmässig aufgesucht. Der Lieferdienst transportiert die Ware per Velo und Anhänger innert weniger Stunden nach Hause. KundInnen bezahlen dafür einen Unkostenbeitrag (pro Lieferung oder mit Abonnement/"Stempelkarte"), teilweise beteiligen sich auch die Geschäfte. Bei Bedarf (schwere und/oder sperrige Ware) ist auch der Einsatz eines motorisierten Fahrzeuges möglich. Eine Erweiterungsmöglichkeit des Angebotes seitens der Geschäfte besteht darin, dass die KundInnen die Ware telefonisch bestellen und sie sich nach Hause liefern lassen.

Der Grossteil der bestehenden Velo-Hauslieferdienste wird heute im Rahmen von Sozialhilfeprogrammen (z.B. Beschäftigungsprogrammen) betrieben. Es wurde erkannt, dass diese Dienstleistung die berufliche und soziale Eingliederung der Programmteilnehmenden fördert. Die Erfahrung zeigt zudem, dass es aufgrund der personalintensiven Dienstleistung schwierig ist, einen eigenwirtschaftlichen Betrieb aufzubauen, mit Preisen, welche bei der Kundschaft breit akzeptiert sind. Die Hauslieferungen lassen sich ergänzen mit einer breiten Palette an weiteren Serviceangeboten: Recycling-Dienstleistungen, telefonische Bestellungen, Geschäftslieferungen, Mahlzeitenservice, Warendepot etc.

Erfahrungen

Der Nutzen eines Velo-Hauslieferdienstes für eine Stadt und ihre BewohnerInnen ist sehr vielfältig: Das Einkaufen für die KundInnen wird komfortabler, die KundInnen sind zufriedener. Die Innenstädte profitieren als Lebens- und Wirtschaftsräume in vielfältiger Weise, das städtische Gewerbe wird gegenüber der Konkurrenz „auf der grünen Wiese“ gestärkt. Zudemfindet eine Sensibilisierung und Motivation zum Umsteigen auf umweltfreundliche Verkehrsmittel im städtischen Einkaufsverkehr statt (Erhöhung des Anteils Langsamverkehr und öV im Einkaufsverkehr). Als Folge steigt die Aufenthaltsqualität in städtischen Zentren und Quartieren, für die Stadt und den Wirtschaftsstandort resultiert ein Imagegewinn (Stadtmarketing) und es können qualifizierte Beschäftigungen für Erwerbslose geschaffen werden.

Im Rahmen einer umfangreichen Befragung der Kundinnen und Kunden zum Velo-Hauslieferdienst in Burgdorf 2002 konnten diese positiven Erfahrungen durch Betreiber, Gewerbe und Kunden erhärtet werden. So hat sich gezeigt, dass der ursprünglich als Ökobonus für mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln einkaufende Personen eingerichtete Dienstleistung die Verkehrsmittelwahl bei den NutzerInnen in relevantem Masse verändert hat. Dabei ergibt sich ein Umsteigeeffekt vom Auto (-21%) auf den Langsamverkehr (Velo: +18%, zu Fuss: +3%), während der Anteil der Einkaufswege mit den öffentlichen Verkehrsmitteln stabil geblieben ist. Ebenfalls sind die Kundentreue und die Kundenzufriedenheit sehr gross. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass zu Beginn noch keine grosse Nachfrage zu erwarten ist. Bis sich ein Velo-Hauslieferdienst auf breiter Ebene durchsetzt, dauert es mehrere Jahre.

Die Erfahrung zeigt, dass die Sichtbarkeit des Angebots und Praktikabilität im Laden selbst die Attraktivität bei den Kunden beeinflusst. Einige schweizweit tätige Detailhändler haben in Zusammenarbeit mit den VHLD-Betreibern Annahmestellen für die Einkaufstaschen und Werbeaktionen entwickelt. Um die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure zu stärken und den Velo-Hauslieferdienst schweizweit zu fördern, wurde 2012 der Verein Velo-Lieferdienste Schweiz VLD gegründet, welcher sich als Vernetzungs-, Beratungs- und Ansprechstelle anbietet.

Wirkung

Umwelt und Energie

Der Velo-Hauslieferdienst führt mittelfristig zu einem relevanten Umsteigeeffekt vom Auto auf umweltfreundliche Verkehrsmittel im Einkaufsverkehr.

Gesellschaft

Erwerbslose erhalten eine qualifizierte Beschäftigung und dadurch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Programmteilnehmenden sind Teil des öffentlichen Lebens und werden durch die praktische Dienstleistung gesellschaftlich positiv wahrgenommen.

Wirtschaft

Das innerstädtische Gewerbe wird gegenüber den Einkaufszentren und Fachmärkten "auf der grünen Wiese" gestärkt. Sowohl für die einzelnen Geschäfte, die Stadt und den Wirtschaftsstandort resultiert ein Imagegewinn.

Werkzeuge

Vorgehen

Aufbau und Betrieb eines Velo-Hauslieferdienstes sind grundsätzlich mit verschiedenen Ansätzen möglich. So kann die Initiative und das Engagement stärker beim lokalen Beschäftigungsprogramm, bei der Stadt, der City-Vereinigung oder dem lokalen Velokurier liegen. Betriebsorganisation und Angebot muss in jedem Fall auf die lokalen Verhältnisse (Grösse der Stadt, räumliche Einkaufsschwerpunkte, Partner, politische Unterstützung, etc.) angepasst werden. Ein Velo-Hauslieferdienst ist nicht ein Infrastrukturprojekt, sondern eine Dienstleistung mit stark kundenbezogenen betrieblichen Anforderungen. Der Aufbau sollte deshalb über ein definiertes Projekt mit einer Arbeitsgruppe stufenweise angegangen und zum Betrieb geführt werden. Als Entscheidungsgrundlage wird in der Regel ein Businessplan im Team und mit fachlicher Begleitung erarbeitet. Folgendes Vorgehen hat sich bewährt:

  1. Die Initiative dazu kann von unterschiedlicher Seite her erfolgen (Anbieter Beschäftigungsprogramm, Pro Velo, städtische Verwaltungsstelle, City-Vereinigung, Gewerbeverband, etc.
  2. Kontaktaufnahme mit der Kompetenzstelle VLD (Verein Velo-Lieferdienste Schweiz) und erste Inputberatung
  3. Bilden einer Kerngruppe unter Beteiligung der relevanten lokalen Akteure
  4. Erstellen eines Businessplans
  5. Definition einer lokalen/regionalen Trägerschaft, einer strategischen Leitung und einer Betriebsführung. 
  6. Definition der Organisations- und Betriebsstruktur (z.B. Angliederung an bestehendes Beschäftigungsprogramm)
  7. Mittelbeschaffung über die TrägerschaftErarbeitung eines Marketing-Konzeptes und Definition der Marketinginstrumente (z.B. Hauslieferdienst-Tasche)
  8. Einsetzung einer aktiven, nahe am Tagesgeschäft operierenden strategischen Leitung

Finanzierung

Sowohl in einem Regionalzentrum (ca. 10'000 - 50'000 Einwohner) als auch einer grösseren Stadt (ab ca. 50'000 Einwohner) ist ein eigenwirtschaftlicher Betrieb nur mit hohen Liefergebühren für die Kunden möglich. Es sind deshalb Synergien zu suchen, die einen Betrieb überhaupt ermöglichen. Bewährt hat sich das Modell in Burgdorf mit einem Sozialhilfeprogramm, das unter einem Dach verschiedene Arten von Arbeitsplätzen für Erwerbslose resp. Ausgesteuerte ermöglicht. Hier muss beachtet werden, dass Beschäftigungs- und Sozialhilfeprogramme kantonal sehr unterschiedlich geregelt sind.

Die Preise für eine Lieferung variieren aufgrund der Businessmodelle und der lokalen Zahlungsbereitschaft der Kunden zwischen 3 und 15 Franken. Soll eine Breitenwirkung (wie im Beispiel Burgdorf) angestrebt werden, sind die Preise so tief wie möglich zu halten. Weitere Einnahmequellen sind Lieferbeiträge von Geschäften sowie Einnahmen aus Sponsoring und Stiftungsbeiträge.

Marketing

Das Marketing ist für die erfolgreiche Umsetzung eines Velo-Hauslieferdienstes von zentraler Bedeutung. Im Rahmen der Aufbauphase wird – basierend auf den eingegangenen Partnerschaften – ein detailliertes Marketingkonzept erarbeitet und Schritt für Schritt umgesetzt. Wichtigste Zielgruppe sind die Mehrpersonen-Haushalte im Liefergebiet. Die Schwerpunktbereiche sind: Medienarbeit, Flyer/Plakate, Werbeaktionen durch Detailhandelsunternehmen und Aktionen unter Einbezug von Vereinen, Quartierorganisationen, etc.

Weitere Informationen

Weiterführende Links:

Weitere Downloads:

Kontaktadressen und Bezugsquellen:

VLD Verein Velo-Lieferdienste Schweiz
Geschäftsstelle
c/o Büro für Mobilität AG
Hirschengraben 2
CH-3011 Bern
Tel: 031 311 93 63
 

Fragen Sie auch die Vertreter von Mobilservice Praxis Ihres Kantons um Rat.

Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Praxis-Beispiels:

Kanton Bern
Amt für Umwelt und Energie
Abteilung Immissionsschutz
Laupenstrasse 22
CH-3011 Bern
Tel: 031 633 57 80

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