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Mehr Platz fürs Velo: Standards zur Führung des Veloverkehrs in der Stadt Bern

Erstellt am 29.10.2019

Die Stadt Bern schafft mehr Platz fürs Velo (Foto: Stadt Bern) Die Stadt Bern schafft mehr Platz fürs Velo (Foto: Stadt Bern)

Die Stadt Bern will zur Velohauptstadt werden und lancierte dafür eine Velo-Offensive. Die Infrastruktur, insbesondere durchgehende, attraktive und sichere Velorouten sind essentiell, damit mehr Leute mit dem Velo unterwegs sind. Mit dem Masterplan Veloinfrastruktur definiert die Stadt Bern neue Standards, z.B. bei der Breite von Radstreifen und Radwegen. Für die städtischen Velohauptrouten wurde eine Breite von 2.50 m als neuer Standard jenseits der VSS-Normen festgesetzt. Die erste Velohauptroute wurde 2016 zwischen dem Hauptbahnhof und Wankdorf realisiert. Ab 2017 folgte die etappenweise Realisierung der Velohauptroute Bern-Köniz (welche mittlerweile grösstenteils abgeschlossen ist) sowie von weiteren Strecken auf dem Stadtgebiet.

Profil & Eckdaten

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Jährliche Betriebskosten

  • gering (bis Fr. 5'000.-)
0 5'000 20'000
  • gering (bis Fr. 5'000.-)

Investitionskosten

  • hoch (ab Fr. 50'000.-)
0 10'000 50'000
  • hoch (ab Fr. 50'000.-)

Raumtyp

  • Zentrum / Stadt

Gemeindegrösse

  • > 20'000 Einwohner

Beispiel

Velohauptroute Wankdorf in der Stadt Bern

Die Winkelriedstrasse ist Teil der neuen, rund 3 km langen Velohauptroute Wankdorf mit grosszügig realisierten Radwegen und Radstreifen. (Foto: Metron Bern AG, Elmar Brülhart) Die Winkelriedstrasse ist Teil der neuen, rund 3 km langen Velohauptroute Wankdorf mit grosszügig realisierten Radwegen und Radstreifen. (Foto: Metron Bern AG, Elmar Brülhart)

Die Stadt Bern setzt sich für eine nachhaltige Mobilität und damit auch für mehr Lebens- und Wohnqualität in der Stadt Bern ein. Das Velo soll als schnelles und platzsparendes Verkehrsmittel neben dem öffentlichen Verkehr und dem Fussverkehr einen wichtigen Beitrag leisten, um das prognostizierte Verkehrswachstum bewältigen zu können. Die Stadt will zur Velohauptstadt werden und setzt dabei auf durchgängige, attraktive und sichere Veloverbindungen. 2016 wurde die Velohauptroute Wankdorf als erste Route des geplanten Velohauptrouten-Netzes eröffnet. Auf dieser Veloroute können die Velofahrerinnen und Velofahrer durchgehend entweder auf einem breiten Radstreifen, auf einem separaten Radweg oder – zusammen mit dem öffentlichen Verkehr – auf einer Umweltspur zirkulieren. Wo immer möglich sind die Radwege oder Radstreifen 2.50 m breit. So kann beispielsweise ein E-Bike ein anderes Velo (auch mit Anhänger) sicher überholen oder Eltern neben ihren Kindern fahren, unabhängig vom übrigen Verkehr.

Breite Radwege wie hier in Amsterdam ermöglichen soziale Aktivitäten während des Velofahrens (Bild: Stadt Bern) Breite Radwege wie hier in Amsterdam ermöglichen soziale Aktivitäten während des Velofahrens (Bild: Stadt Bern)

Beschrieb

Hintergrund

Das subjektive Sicherheitsempfinden ist ein zentraler Faktor, damit Leute mehr Velo fahren. Eine repräsentative Befragung zur Sicherheit beim Velofahren zeigte, dass in der Schweiz über zwei Drittel der Velofahrenden regelmässig knapp überholt werden (Pro Velo, VCS, bfu, Suva, TCS 2016). Es gibt deshalb verschiedene politische Vorstösse, die einen Mindestüberholabstand von 1.5 m fordern. Eine aktuelle Studie aus Australien kommt zum Schluss, dass die Überholabstände grösser sind, wenn Velostreifen vorhanden sind. Jedoch ist die Breite der Velostreifen entscheidend für grössere Überholabstände. Eine Unfallforschung der Versicherer aus Deutschland zeigt, dass bei Radstreifen fast jedes zweite Fahrzeug den in Deutschland gesetzlich festgeschriebenen Minimalabstand von 1.50 m nicht einhält. Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch das Radmesser-Projekt in Berlin, bei dem 100 Velos mit Sensoren ausgestattet wurden, um die Überholabstände zu messen.  

In der Schweiz sieht die aktuelle VSS-Norm (SN 640 201 Geometrisches Normalprofil) für Radstreifen und Radwege eine Mindestbreite von 1.25 m vor, wobei in bestimmten Situationen wie z.B. Steigungen ein Zuschlag vorzusehen ist. Da diese Norm in vielen Belangen nicht mehr dem aktuellen Wissen entspricht, wird sie aktuell überarbeitet. Die neuen Mindestmasse dürften deutlich über den aktuellen Werten liegen. Für Knoten sieht eine andere VSS-Norm (SN 640 252 Knoten Führung des Veloverkehrs) bereits heute eine Mindestbreite von 1.5 m vor.

Die Stadt Bern setzt auf eine starke und koordinierte Veloförderung mit der Vision, dass Bern zur Velohauptstadt wird. Bis 2030 sollen 20 % der Bevölkerung mit dem Velo unterwegs sein. 2010 betrug der Anteil noch 11 % und 2015 schon 15 %. Um Personen, die bisher kaum oder wenig mit dem Velo unterwegs sind ein besseres Sicherheitsgefühl zu geben, setzt die Stadt Bern Standards, die weit über die oben erwähnten Normen hinausgehen. Handlungsdruck zugunsten grösserer Radstreifenbreiten sieht die Stadt Bern neben Sicherheitsaspekten auch aufgrund der rasanten Verbreitung von E-Bikes: Mehr Velofahrende mit grösseren Geschwindigkeitsdifferenzen führen zu mehr Überholmanövern. Ausserdem sind, gerade im Zusammenhang mit dem Aufkommen von E-Bikes auch mehr Cargobikes und Veloanhänger auf der Strasse, welche ebenfalls mehr Platz beanspruchen.

Angebot

Die Stadt Bern setzt in ihrem Masterplan Veloinfrastruktur Standards, die deutlich über die neue VSS-Norm hinausgehen. Gemäss dem Grundsatz „von den Besten lernen“ orientiert sich die Stadt Bern bei der Planung und beim Ausbau der Veloinfrastruktur an internationalen Beispielen von bekannten Velostädten wie Kopenhagen oder Amsterdam. Die Erfahrungen der erfolgreichen Velostädte zeigen: An der velofreundlichen Planung von Hauptachsen führt kein Weg vorbei. Gemäss Stadtentwicklungskonzept (STEK) aus dem Jahr 2016 sollen gut ausgebaute Velohauptrouten das Grundgerüst des Berner Veloroutennetzes bilden. Diese Velohauptrouten verbinden grosse Zielorte wie Quartier- und Stadtteilzentren oder Bahnhöfe, verlaufen entlang stadträumlich einprägsamer Hauptachsen, garantieren eine hohe Qualität und ermöglichen ein sicheres Vorankommen für alle Velofahrenden. Für diese Velohauptrouten gilt der neue Berner Standard von 2.50 m resp. eine minimale Breite von 1.80 m. Die Standardbreite von 2.50 m macht es möglich, dass ein E-Bike ein anderes Velo sicher überholt, ohne die angrenzende Fahrspur des motorisierten Verkehrs zu beanspruchen. Auch Nebeneinanderfahren ist möglich – ein wichtiger Aspekt, wie aus Städten wie Amsterdam oder Kopenhagen bekannt ist. Dort gehören Kinder, die neben ihren Eltern fahren oder Velofahrende, die nebeneinander fahren und sich unterhalten zum Alltag.

Standards gemäss Masterplan Veloinfrastruktur der Stadt Bern (Grafik: Stadt Bern) Standards gemäss Masterplan Veloinfrastruktur der Stadt Bern (Grafik: Stadt Bern)

Dass diese Masse in einer Schweizer Stadt möglich sind, zeigt das Umsetzungsprogramm der Stadt Bern der letzten Jahre. Neben der bereits 2016 eröffneten Velohauptroute Wankdorf (vgl. Beispiel) werden aktuell die Velohauptrouten nach Köniz sowie nach Ostermundigen, die Länggassstrasse sowie die Lorrainebrücke nach den neuen Standards umgestaltet. Im Rahmen des Projektes Zukunft Bahnhof Bern werden in wenigen Jahren die zentralsten Streckenabschnitte rund um den Bahnhof Bern ebenfalls in hoher Qualität ausgebaut. Ermöglicht wird der Flächengewinn für sichere Velohauptrouten durch die Reduktion der Anzahl und der Breite von MIV-Spuren sowie durch die Reduktion der Anzahl Parkplätze.

Ob dabei für den Veloverkehr separate Flächen geschaffen werden, hängt von der konkreten, verkehrlichen Situation ab. Die Stadt Bern hat dazu drei Grundsätze festgehalten:

  • Auf verkehrsarmen Strassen und bei tiefen Geschwindigkeiten (≤30kmh/h) des MIV kann das Velo im Mischverkehr geführt werden.
  • Bei mittleren Belastungen und Geschwindigkeiten des MIV kann das Velo mit Radstreifen auf der Strasse geführt werden.
  • Entlang stark belasteten Strassen (DTV >15`000) und bei hohen Geschwindigkeiten (≥50 km/h) ist eine bauliche Separation nötig.   

Poller als mögliche, provisorische Sofortmassnahme zur Separierung der Veloführung vom MIV, hier auf der Velohauptrote Wankdorf (Foto: Stadt Bern) Poller als mögliche, provisorische Sofortmassnahme zur Separierung der Veloführung vom MIV, hier auf der Velohauptrote Wankdorf (Foto: Stadt Bern)

Die neu entwickelten Standards und Best-Practice-Beispiele sind im Masterplan Veloinfrastruktur festgehalten, welcher sich aktuell im Konsolidierungsprozess befindet. Der Masterplan ist behördenverbindlich und umfasst folgende Elemente:

  • Bericht, der die künftige Planungsphilosophie für die Veloinfrastruktur in der Stadt Bern erläutert
  • Veloroutennetz mit den Velohauptrouten und Velorouten
  • Standards, die die erforderliche Qualität definieren und durchgehende Planungsprinzipien unterstützen.

Erfahrungen

Um die Wirkung der städtischen Veloförderung überprüfen zu können, zählt die Stadt Bern seit 2015 an insgesamt fünfzehn Standorten den Veloverkehr. Dabei wird eine kontinuierliche Zunahme des durchschnittlichen täglichen Veloverkehrs festgestellt. An der Zählstelle Nordring (Richtung Wankdorf) zum Beispiel nahm der Werktagsverkehr zwischen 2015 und 2017 um 15.5 % zu. Dies ist grösstenteils auf die Eröffnung der Velohauptroute Wankdorf zurückzuführen.

Wirkung

Umwelt und Energie

Attraktive und sichere Veloinfrastrukturen tragen dazu bei, dass mehr Leute mit dem Velo unterwegs sind. Dies wiederum fördert eine ressourcenschonende und flächeneffiziente Mobilität.

Gesellschaft

„Der Veloverkehr (…) entlässt die Menschen nicht aus dem sozialen Netz, weil sie immer noch an ihrem Gesicht erkennbar bleiben“. Das Zitat des österreichischen Verkehrswissenschaftlers Hermann Knoflacher verdeutlicht den positiven Beitrag des Veloverkehrs zum Stadtraum. Mehr Veloverkehr trägt zu mehr Lebensqualität bei. Ausserdem gibt es einen positiven Feedbackkreis zwischen Veloinfrastruktur und Velokultur.

Wirtschaft

Das Velo ist ein günstiges Verkehrsmittel mit geringen externen Kosten.

Werkzeugkasten

Vorgehen

Die Erarbeitung und Realisierung der neuen Berner Standards bezüglich Breite von Radwegen und Radtreifen ist in eine Gesamtstrategie zur Veloförderung eingebettet:

  • 2014: In einem verwaltungsinternen Bearbeitungsprozess wird die Velo-Offensive der Stadt Bern aufgegleist. In einer direktionsübergreifenden Arbeitsgruppe mit Vertretern der Verkehrsplanung, des Tiefbauamtes, des Stadtplanungsamtes, von Bernmobil, externen Fachplanern sowie mit Einbezug des Kantons wurde die Velonetzplanung sowie die Projektierung der Velohauptroute Wankdorf erarbeitet.
  • 2016: Das Stadtentwicklungskonzept STEK will die stadtverträglichen und klimaschonenden Verkehrsmittel, insbesondere das Velo stärker fördern. Es verlangt zur Erhöhung des Veloanteils „einen Quantensprung in der Umsetzung von Massnahmen“.
  • 2016: Eröffnung der ersten Velohauptroute zwischen Hauptbahnhof und Wankdorf
  • 2018: Der Masterplan Veloinfrastruktur, der durch die Verkehrsplanung unter Einbezug von Fachstellen erarbeitet wurde, geht in die Mitwirkung.
  • 2019: Die Standards aus dem Masterplan Veloinfrastruktur werden bei sämtlichen Projekten wenn möglich realisiert.

Finanzierung

Die Erarbeitung und Realisierung der Velohauptroute Wankdorf belief sich auf CHF 1.75 Millionen. Der Betrag setzt sich zusammen aus den planerischen und technischen Vorarbeiten sowie den Ausführungsarbeiten. Der Ausbau der Route ist Teil des Agglomerationsprogramms Bern, wodurch sich Bund und Kanton an den Kosten beteiligen.

Marketing

„Wirkungen messen und Erfolge kommunizieren“ ist einer von neun Planungsgrundsätzen, die im Masterplan Veloinfrastruktur der Stadt Bern festgeschrieben sind. Eine aktive und transparente Kommunikation fördert das Vertrauen und stärkt die Anliegen des Veloverkehrs. Erfolge – gemessen in Nutzerzahlen oder Zufriedenheitswerten – werden aktiv nach aussen getragen. Um die Velokultur zusätzlich zu fördern, wurde 2018 eine Velo-Kampagne lanciert. Sie soll vor allem auch Leute ansprechen, die bisher gar nicht oder nur wenig Velo fahren

Weitere Informationen

Weiterführende Links:

Kontaktadressen und Bezugsquellen:

Stadt Bern
Fachstelle Fuss- und Veloverkehr
Zieglerstrasse 62, Postfach
CH-3001 Bern
Tel. 031 321 70 70

Fragen Sie auch die VertreterInnen von Mobilservice Praxis Ihres Kantons um Rat.

Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Praxis-Beispiels:

Büro für Mobilität AG
Hirschengraben 2
CH-3011 Bern
Tel. 031 311 93 63

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