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Velostationen – Planung und Betrieb

Erstellt am 30.01.2014

Profil & Eckdaten

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Investitionskosten

  • hoch (ab Fr. 50'000.-)
0 10'000 50'000
  • hoch (ab Fr. 50'000.-)

Jährliche Betriebskosten

  • hoch (ab Fr. 20'000.-)
0 5'000 20'000
  • hoch (ab Fr. 20'000.-)

Raumtyp

  • Zentrum / Stadt
  • Agglomeration
  • Ländlich / Dorf

Gemeindegrösse

  • 5'000 - 10'000 Einwohner
  • 10'000 - 20'000 Einwohner
  • > 20'000 Einwohner

Die Planung und Realisierung von Velostationen ist ein anspruchsvolles Vorhaben, bei dem verkehrs- und bauplanerische Elemente sowie betriebliche Aspekte berücksichtigt werden müssen. Das vorliegende Praxisbeispiel knüpft an den kürzlich erschienenen ASTRA-Leitfaden „Velostationen – Empfehlungen für die Planung und Umsetzung“ an und illustriert am Beispiel der Velostationen in Delémont und Burgdorf die zahlreichen Vorkehrungen und Details, welche es bei der Umsetzung solcher Infrastrukturen zu beachten gilt.

Beispiel Delémont

(ca. 11‘700 Einwohner)
Die Velostation Delémont wurde aufgrund von wiederkehrenden Vandalismusvorfällen und Velodiebstählen am Bahnhof im Rahmen der Langsamverkehrsförderung im Januar 2014 umgesetzt, welche im Agglomerationsprogramm verankert ist. Die Velostation befindet sich in unmittelbarer Nähe der Gleise und der Unterführung und nimmt bestimmte Elemente der bestehenden Abstellinfrastruktur auf (Stützmauer für die Überdachung, Parkiersysteme, Beleuchtung). Die Grundausrüstung besteht aus 110 Abstellplätzen, einer Kompressor-Pumpe, Steckdosen für E-Bikes, Schliessfächer und einem kleinen geheizten Raum für das Personal. Dieses ist zuständig für die Überwachung und den Unterhalt der Velostation sowie für den Verkauf von Eintrittstickets, die Beratung und Kundenservices (kleinere Reparaturen, Veloreinigung, Verkauf von Material). Online können Abonnements auch ausserhalb der bedienten Öffnungszeiten bezogen werden und der Zutritt ist mit gültigem Abo oder Ticket rund um die Uhr garantiert. Die Velostation wird durch Caritas Jura im Rahmen eines Programmes zur sozialen und beruflichen Integration betrieben. Der Betrieb wird grösstenteils durch die Agglomerationsgemeinden finanziert.

Beispiel Burgdorf

(ca. 15‘600 Einwohner)
Die Velostation Burgdorf existiert bereits seit 16 Jahren und hat nach 6 Jahren im provisorischen Zelt nun endlich eine solide Verpackung in Form eines Neubaus erhalten. Sie soll die Rolle eines multimodalen Knotens und einer Mobilitätszentrale wahrnehmen. Die Abfahrtszeiten der nächsten Züge werden in der Velostation angezeigt, 6 Mobility-Fahrzeuge stehen unmittelbar davor zur Verfügung. Neben den 200 bewachten Veloabstellplätzen, beherbergt das zweistöckige Gebäude die Büroräumlichkeiten der Stiftung intact (Betreiberin), die Logistikzentrale des Velokuriers und Velo-Hauslieferdienstes, einen kleinen Verkaufsladen für Produkte der Velostation (Nähateliers und Küche) und 100 Elektrovelos, welche jährlich an rund 10‘000 BesucherInnen der beliebten Veloroute „Herzroute“ vermietet werden. Den Kunden stehen W-LAN, Dusche und WC zur Verfügung. Die Reparatur- und Recycling-Werkstätte und der Reinigungsservice befinden sich weiterhin in den Räumlichkeiten auf der gegenüberliegenden Seite des Bahnhofs, während die Nähateliers und die Küche in weiteren Gebäuden an zentralen Punkten in der Stadt untergebracht sind. Die Infrastrukturen wurden durch die öffentliche Hand und die Stiftung Intact finanziert (Gesamtkosten von 2,7 Mio.). Der Betrieb wird finanziert durch die Erträge aus eigenen Dienstleistungen und Sponsoringeinnahmen (40%) sowie durch Beiträge für die Arbeit und Betreuung der Programmteilnehmenden (60%). Mit einem Umsatz von 5 Mio. Franken und rund 200 Mitarbeitenden hat die Velostation Burgdorf ein attraktives Tätigkeitsfeld geschaffen und ist zu einem bedeutenden Arbeitgeber in der Region Emmental geworden.

Beschreibung

Hintergrund

Die ersten Velostationen in der Schweiz wurden Mitte der 90er Jahre nach Vorbildern aus nordeuropäischen Ländern in Betrieb genommen. Sie bieten den Velofahrenden Sicherheit und Schutz für ihr Velo, angesichts der hohen Diebstahlquoten und des Vandalismus an zentralen Lagen. Auch die Nachfrage nach Velodienstleistungen hat zugenommen. Das Potenzial für Velostationen ist heute noch bei weitem nicht ausgeschöpft, in der Schweiz wie anderswo. Aufgrund ihres vielfältigen Nutzens für die Veloförderung, die kombinierte Mobilität, die Stadtplanung und des attraktiven Serviceangebots für die Bevölkerung ist davon auszugehen, dass sich diese Form von Veloparkieranlagen weiter verbreiten wird – ob bei Bahnhöfen, Betrieben, Ortszentren, Ausbildungsstätten, Einkaufszentren oder Grossüberbauungen.

Angebot

Velostationen bieten sich insbesondere dort an, wo Velos ungeordnet abgestellt werden, wo zahlreiche Fälle von Diebstahl und Vandalismus festgestellt werden oder wo die bestehenden Abstellanlagen überbelegt sind. Sie bilden eine der möglichen Massnahmen der öffentlichen Veloförderung oder des Mobilitätsmanagements in Betrieben. Sie sind demnach nicht nur den Bahnhöfen vorbehalten, sondern können neben den Pendlern auch den Bewohnern, Kunden der Geschäfte, Arbeitstätigen, Studenten und Touristen zu Gute kommen.

Eine Velostation kann von einer videoüberwachten Veloparkieranlage bis hin zur Mobilitätszentrale ganz unterschiedliche Ausprägungen haben, was vor allem von den politischen Zielen, den finanziellen Möglichkeiten und dem zur Verfügung stehenden Platz abhängt. Das Angebot unterscheidet sich in drei Elementen:

  • Grundausstattung (Parkier-, Zutritts- und Überwachungssystem)
  • Dienstleistungen in Selbstbedienung (Schliessfächer, Velopumpe, Ladestationen für E-Bikes)
  • Zusätzliche Dienstleistungen durch das Personal (Information und Beratung, Reparation und Reinigung, Verkauf von kleinerem Material, Ordnungsdienst, Velovermietung, Sammelstelle und Recycling von Fundvelos, usw.)

Ergänzende Angebote in den Bereichen öffentlicher Verkehr, CarSharing, Gastronomie, Tourismus oder Freizeit können ebenfalls verknüpft werden. Die meisten Velostationen sind kostenpflichtig, einige bieten jedoch einen kostenlosen Sektor an.

Erfahrungen

Eine gute Projektplanung spielt eine entscheidende Rolle: die Berücksichtigung der Bedürfnisse und Erwartungen aller betroffenen Akteure und Gruppen ermöglicht die Erarbeitung eines grundsoliden Projekts. Die Frage nach dem bevorzugten Betriebsmodell (personelle Präsenz vor Ort, zusätzliche Dienstleistungen) muss in einem frühen Stadium des Planungsprozesses angepackt werden, um den Raumbedarf frühzeitig festlegen zu können. Da die Infrastruktur auf Velofahrende ausgerichtet ist, sind Details bei der räumlichen Planung zu beachten (Zugang, Rampengefälle, Manövrierraum, Raumhöhe, usw.). Um auf Entwicklungen reagieren zu können (Erhöhung der Nachfrage nach Abstellplätzen, Anpassung des angebotenen Serviceumfangs, usw.), ist es wichtig, die Infrastruktur flexibel zu konzipieren.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass es bei der Anzahl Abstellplätze keine quantitative Untergrenze gibt, welche die Umsetzung einer Velostation ausschliessen würde. Die Mehrheit der Velostationen in der Schweiz bieten mindestens 100 Abstellplätze an. Eine kleinere Anzahl ist möglich, solange der Velostationstyp und die Betriebsform auf die Kapazität der Velostation abgestimmt sind.

Es existieren unterschiedliche Betriebsformen: In der Schweiz wird die Mehrheit der Velostationen im Rahmen von Beschäftigungsprogrammen oder durch ein privates Unternehmen betrieben, welches auf ein Synergiepotenzial zurückgreifen kann (z.B. eine Parking- oder ein Veloverleih-Betreiberin) und damit die Betriebskosten tief halten kann. Die vollautomatisierte Velostation mit Videoüberwachung entspricht der einfachsten Betriebsform.

Die Bereitschaft der Kunden, für das Veloabstellen zu bezahlen, wie auch der Auslastungsgrad der Velostation hängen direkt von den Vorteilen ab, welche diese anzubieten hat: eine bessere Lage im Vergleich zu den kostenlosen Veloabstellplätzen oder Parkplätzen für motorisierte Fahrzeuge, Sicherheit, Qualität der Infrastrukturen und Komfort, zusätzliche Dienstleistungen. Die Velostation sollte sich im betroffenen Perimeter in ein verkehrsmittelübergreifendes Parkierungskonzept eingliedern, welches auch die kostenlosen Veloabstellplätze, die Abstellplätze für die motorisierten Zweiräder sowie die Auto-Parkplätze enthält.

Das Nutzerprofil der Velostationen wurde in der Schweiz nie im Detail untersucht. Verschiedene Betreiber gehen davon aus, dass Pendler die grösste Nutzergruppe bilden, was sich durch die bahnhofnahe Lage der meisten Velostation in der Schweiz erklärt. In Holland demgegenüber liegen Velostation auch in Stadtzentren, bei Universitäten oder Spitälern und ziehen damit eine andere Kundschaft an.

Wirkung

Umwelt und Energie

Das Fahrrad hat als Transportmittel eine exzellente Energiebilanz, braucht sehr wenig Platz, ist leise und verschmutzt die Luft nicht. Man kann davon ausgehen, dass durch den Bau einer Velostation an einem Bahnhof ca. 10% der dort parkierenden Autofahrenden aufs Velo umsteigen.

Gesellschaft

Mobilitätsdienstleistungen sind ein Beitrag zu mehr Wohnqualität und schaffen Standortvorteile. Die Velostation stellt mit den vielfältig verknüpfbaren Dienstleistungen ein besonders gutes Beispiel dar. Der Betrieb einer Velostation durch ein Beschäftigungsprogramm ermöglicht Erwerbs- und Langzeitarbeitslosen die Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt und die Gesellschaft sowie eine sinnvolle Beschäftigung. Dies erfolgt mit gezielter Betreuung, Weiterbildungsmöglichkeiten und Stellenvermittlung.

Wirtschaft

Es zeigt sich, dass durch die Dienstleistungen der Einkaufsstandort aufgewertet wird. Die Angebote verstehen sich als Ergänzung zum lokalen Gewerbe. So steigert etwa der sehr beliebte Burgdorfer Velo-Hauslieferdienst die Attraktivität der lokalen Geschäfte gegenüber Einkaufzentren „auf der grünen Wiese“.

Eine Velostation ist – ob als privater Betrieb oder als Sozialfirma – Teil der lokalen Wirtschaft und sichert bzw. schafft durch Aufträge Arbeitsplätze. Nicht zuletzt ist eine Velostation Teil der Visitenkarte einer Gemeinde und bildet ein positives Element des Standortmarketings.

Werkzeuge

Vorgehen

Bei der Planung, dem Aufbau und der Inbetriebnahme einer Velostation handelt es sich um einen Prozess, bei dem infrastrukturelle und betriebliche Aspekte eng ineinander greifen und sich gegenseitig beeinflussen. Die Komplexität des Prozesses hängt von der Grösse der Velostation, vom jeweiligen Anlagetyp und der möglichen Einbindung in bzw. Angliederung an weitere bestehende Betriebsprozesse ab. Bei kleineren Anlagen, z.B. bei regionalen Bahnhöfen können die Prozesse vereinfacht ablaufen.

1. Vorbereitung

  • Handlungsbedarf ermitteln (angetroffene Probleme, übergeordnete Projekte als Auslöser, geäussertes Bedürfnis)
  • Arbeitsorganisation aufbauen (Arbeitsgruppen, Terminplan)
  • Leitbild ausarbeiten (Leitlinien, Ziele, generelle Strategie)

2. Planung

  • Infrastruktur: Standort prüfen und wählen, Anzahl Abstellplätze festlegen und Flächenbedarf ermitteln, Räumlichkeiten im Gebäude programmieren, Vorprojekt erstellen und Kosten schätzen
  • Betrieb: Betriebsmodell festlegen (Personalbedarf, zusätzlich Angebotene Dienstleistungen, Tarife, Öffnungszeiten, usw.)

3.    Projektierung

  • Infrastruktur: technische Details klären (Zutrittssystem, Parkiersystem, Zufahrt und Wegweisung, usw.) und Baubewilligung erlangen
  • Betrieb: der Betriebsdetails im Rahmen eines Budgets konkretisieren, Pflichtenheft und Leistungsvertrag mit dem Betreiber erstellen

4.    Realisierung

  • Umsetzung des Projekts gemäss des örtlich üblichen Verfahrens (Baubewilligung, Realisierung)

5.    Betrieb

  • Geplante Geldflüsse und Leistungen anpassen aufgrund der gemachten Erfahrungen.

6.    Evaluation

  • Infrastruktur: Akzeptanz erheben, Benutzerfreundlichkeit prüfen, Unterhalt prüfen
  • Betrieb: Einnahmen prüfen, Entwicklung untersuchen, Servicequalität prüfen

Die Kommunikation und die Suche nach Finanzierungsquellen sind Querschnittsaufgaben, welche den gesamten, oben beschriebenen Prozess begleiten.

Finanzierung

In der Regel werden die Infrastrukturen durch die öffentliche Hand (Gemeinden, Agglomerationen, Kantone und Bund) und/oder anderen Investoren (SBB, Betreiber, Finanzierungspartner) finanziert. Die Betriebskosten werden durch die Einnahmen aus den eigenen Dienstleistungen, der Drittfinanzierung (Sponsoring, Drittaufträge) und Beiträge der öffentlichen Hand (Sozialbeiträge, Subventionen, Defizitgarantie) gedeckt. Der Betrieb einer Velostation mit Beschäftigungsprogramm ist erfahrungsgemäss zu rund 30% selbsttragend. In Kombination mit einem Velo-Hauslieferdienst steigt diese Quote.

Marketing

Marketing und Information sind entscheidend für den Erfolg einer Velostation. Sie sind für jede Phase zu erarbeiten und anzupassen (Planung, Umsetzung, Betrieb). Von den Entscheidungsträgern bis zu den Nutzenden, von den potentiellen Partnern bis hin zu den Medien – die Zielgruppen sind frühzeitig über die Art und den Stand des Projekts zu informieren. Dazu sind die adäquaten Kommunikationskanäle und eine zielgruppenspezifische Sprache zu wählen.

Das Forum Velostationen Schweiz bietet regelmässig Infotreffen und einen Newsletter an und verfügt über ein Netzwerk an FachberaterInnen, welche den interessierten Stellen bei der Realisierung eines solchen Vorhabens zur Seite stehen.

Weitere Infos

Weiterführende Links:

Weitere Downloads:

Kontaktadressen und Bezugsquellen:

Forum Velostationen Schweiz
c/o Pro Velo Schweiz
Birkenweg 61, Postfach 6711
CH-3001 Bern
Tel. 031 318 54 17


Stiftung intact (Betreiberin der Velostation Burgdorf)
Martin Wälti, Co-Geschäftsleiter
Bucherstrasse 6, Postfach 1229
CH-3401 Burgdorf
Tel. 034 423 23 80


Ville de Delémont
Service de l'urbanisme, de l'environnement et des travaux publics
Hubert Jaquier, Abteilungsleiter
Route de Bâle 1
CH-2800 Delémont
Tel. 032 421 92 92

Fragen Sie auch die Vertreter von Mobilservice PRAXIS Ihres Kantons um Rat.


Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Praxisbeispiels:

Büro für Mobilität AG
Hirschengraben 2
CH-3011 Bern
Tel. 031 311 93 63
mail@bfmag.ch

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