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Roche Diagnostics International AG

Rotkreuz (ZG)

Erstellt am 20.11.2018
Aktualisiert am 23.01.2019

Areal der Roche Diagnostics International (RDI), Standort Rotkreuz (Foto: RDI) Areal der Roche Diagnostics International (RDI), Standort Rotkreuz (Foto: RDI)

Das Mobilitätskonzept der Roche Diagnostics International (RDI) definiert Massnahmen für den Standort Rotkreuz zur Erfüllung gesetzlicher Auflagen sowie zur Reduktion des motorisierten Individualverkehrs. Es soll die Förderung alternativer Verkehrsmittel unterstützen sowie eine ökologische und ökonomische Mobilität der Mitarbeitenden sicherstellen. Mit der Einführung eines 3-Säulen Prinzips bestehend aus den Komponenten Wegzeit, Mobilitätsbonus und Mobilitätsbeitrag, wird eine ausgewogene, transparente und effiziente Parkraumbewirtschaftung angestrebt. Eine eigens entwickelte Softwarelösung erlaubt dabei die effiziente Organisation und Administration des RDI-Mobilitätsmanagementsystems.

Profil & Eckdaten

zugeordnete Tags/Schlagwörter

  • Pendler
  • Velo
  • Unternehmen
  • ÖV
  • Auto

Unternehmensgrösse

  • gross (ab 250 MA)
0 10 50 250
  • gross (ab 250 MA)

Anstoss

  • Von aussen auferlegt

Ausmass

  • Betriebsintern

Managementsystem

  • Eigenständiges Mobilitätsmanagementsystem (MMS)

Raumtyp

  • Agglomeration

Unternehmensbranche

  • Gesundheit und Soziales

Hintergrund

Tätigkeit des Unternehmens

Die Roche Diagnostics International AG ist eine Tochter des Pharmakonzerns Hoffmann-La Roche mit Hauptsitz in Basel. Sie ist eine der weltweit führenden Anbieter von diagnostischen Systemlösungen für Kliniken, Labors und Arztpraxen. Der Hauptstandort der globalen Division Diagnostics befindet sich in Rotkreuz (Gemeinde Risch, Kanton Zug). Im Jahr 1969 gegründet, ist das Unternehmen heute mit rund 2‘600 Mitarbeitenden aus über 67 Nationen der grösste private Arbeitgeber im Kanton. Am Standort sind alle zentralen Funktionen von der Entwicklung über Produktion bis zum Vertrieb des Diagnostics Geschäfts vereint.

Standort / Rahmenbedingungen

Das Roche Werksareal (Forren-Areal) liegt gut erreichbar ca. 1 km nördlich vom Stadtzentrum Rotkreuz, direkt an der Autobahn A14 Luzern – Zürich. Die unmittelbare Nähe zur Autobahn führen dazu, dass insbesondere in Stosszeiten morgens und abends lange Wartezeiten zur Einfahrt bzw. beim Verlassen des Areals entstehen. Davon betroffen ist auch der ÖV, da getrennte Spuren für Busse nur in wenigen Abschnitten vorhanden sind. Insgesamt ist die tägliche Überlastung des Strassennetzes sowohl für Anwohner, umliegende Firmen wie auch für Pendler äusserst unbefriedigend und verursacht mitunter zu einer erheblichen Lärm- und Umweltbelastung.

LV

Das Areal ist zu Fuss in rund 10 Minuten ab dem Bahnhof Rotkreuz erreichbar.

ÖV

Rotkreuz verfügt über Bahnverbindungen nach Zürich, Zug und Luzern. Die Direktverbindung nach Zürich wird allerdings nur einmal pro Stunde bedient, das S-Bahnnetz sowie die Stadtbahn Zug bieten stündlich mehrere Verbindungen nach Luzern und Zug.

MIV

Bestehende Direktanschlüsse zur Autobahn A14 und der Kantonstrasse Zug – Luzern.

Ausgangslage / Motivation

Die kontinuierliche Arealentwicklung am Standort Rotkreuz hat innerhalb von rund 10 Jahren zu einer Verdoppelung der Angestellten auf aktuell rund 2‘600 Beschäftigte geführt. Neben den lokalen Roche Angestellten verkehren zahlreiche internationale Gäste, Dienstleister, Consultants und Besucher auf dem Areal, so dass sich in Spitzenzeiten bis zu 4‘000 Personen auf dem Werksgelände aufhalten. Dies führt in den Stosszeiten zu einem erheblichen Rückstau bei der Zu- und Abfahrt. Im Rahmen der Standortentwicklung und der Erstellung neuer Gebäude, wurde durch den Kanton Zug behördliche Auflagen festgelegt. Diese setzen eine Reduktion von mindestens 20% der bestehenden Parkplätze auf ein Gesamtkontingent von 1‘248 Parkplätzen voraus. Um diese Auflage innert nützlicher Frist erfüllen zu können, drängten sich restriktive Massnahmen auf:

  • Reduktion des täglichen MIV
  • Aktive Bewirtschaftung des Parkraumes
  • Begrenzung des bisher kostenlosen und uneingeschränkten Parkierens
  • Anpassung des bestehenden Kontingents durch Rückbau von rund 300 Parkplätzen

Massnahmen

Stand: 2018

Mobilitätsmanagementsystem

Im 2016 bildete die RDI eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit dem Auftrag, konkrete Massnamen und Lösungsvorschläge zur Reduktion des MIV und Optimierung der Mobilität auszuarbeiten und umzusetzen. Eine wesentliche Anforderung an das Mobilitätskonzept war, die Einhaltung der gesetzlichen Auflagen in Bezug auf die Anzahl bewilligter Parkplätze sicher zu stellen.

Die Vorgabe an das Konzept war eine möglichst faire, nachhaltige und selbsttragende Lösung zu finden. Mit Unterstützung eines externen Verkehrsplaners sollte dem Standortmanagement Optionen aufgezeigt werden, welche diese Vorgaben mittels Umsetzung eines zeitgemässen Mobilitätskonzeptes wirksam unterstützen. Im Sinne der bei Roche gelebten offenen Betriebskultur mussten Vorschläge ausgearbeitet werden, welche nicht nur auf harte Beschränkungsmassnahmen setzen, sondern auch Anreize zur Unterstützung der Mitarbeitenden beinhalten.

Folgende drei tragenden Elemente bilden die Stützen des Mobilitätskonzeptes:

  • Einführung einer Wegzeit mit dem öffentlichen Verkehr, welche zur objektiven Berechnung des künftigen Parkplatzanspruches dient. Wegzeiten von mehr als 35 Minuten, berechnet ab Wohnadresse des Mitarbeitenden bis zur Firmenadresse, berechtigen Mitarbeitende auch künftig zur Benutzung eines Firmenparkplatzes.
  • Einführung einer Parkplatzgebühr von CHF 45.- pro Monat für sämtliche Anspruchsgruppen, ungeachtet der Hierarchie und Funktion.
  • Besteht keine Parkberechtigung oder wird freiwillig auf diese verzichtet, erhalten Mitarbeitende im Gegenzug eine Unterstützungsleistung in Form eines Mobilitätsbonus im Rahmen von CHF 40.- pro Monat vergütet.

Um die vielfältigen organisatorischen und administrativen Anforderungen effizient handhaben zu können, wurde bereits in einer frühen Phase des Projektes mit der Evaluation einer Softwarelösung gestartet. Die im Markt verfügbaren Angebote waren insgesamt zu generisch und konnten die Anforderungen in keiner Weise sicherstellen. RDI hat auf Grund dieser Situation und des engen Zeitplanes beschlossen, gemeinsam mit der internen Informatikausbildung ein eigenes Mobilitäts Management System (MMS) zu entwickeln.

Die hohe Komplexität mit Anbindungen an SAP (Mitarbeiterdaten und Lohnverrechnung), Parkschranken, Zutrittssysteme, externe Services wie Mobility, Wegzeitberechnungen über SBB Fahrplan, Mailserver usw. stellten die Softwareentwicklung vor grössere Herausforderungen.

Die gewählte Lösung besteht aus einem Windows 2012 R2 Applikationsserver auf Basis von IIS und einer SQL-Datenbank als Datenhalter. Die Benutzeroberfläche ist dynamisch aufgebaut, abhängig von der Rolle und den Rechten des Benutzers. Anmeldungen an der Benutzeroberfläche werden mit Windows Integrated Authentication (NTLM) authentisiert. Die Berechnung und Verwaltung von Wegzeiten, Parkausweisen, Ausnahmeanträgen, Langzeitabsenzen sowie weiteren Funktionen erfolgen auf dem Applikationsserver durch Aggregation von Mitarbeiterdaten aus verschiedenen Mitarbeiterdatenquellen anderer Systeme. Des Weiteren erfolgt die automatische Kommunikation via E-Mail mit den Mitarbeitern über den Roche Mailhost. Alle Funktionalitäten des MMS sind darauf ausgelegt, dass Interaktionen zwischen Mitarbeitenden, der Administration und sämtlichen Schnittstellen konsequent digital ausgestaltet sind und auf den Versand von Papierdokumenten komplett verzichtet werden kann.

Bauliche Massnahmen

  • Bereitstellung von zusätzlichen gedeckten Velo- und Motorradparkplätzen (umgesetzte Massnahme)
  • Bereitstellung von zusätzlichen Sportlergarderoben (mit Duschen und Trocknungsraum) (umgesetzte Massnahme)
  • Visualisierung der Anzahl verfügbaren Tagesparkplätze auf dem Infoterminal (umgesetzte Massnahme)
  • Erweiterung der Anzeigen über die Auslastung der Parkhäuser (umgesetzte Massnahme)
  • Rückbau und Renaturierung von 300 Parkplätzen (umgesetzte Massnahme)

Organisatorische Massnahmen / Anreize

  • Finanzielle Unterstützung des Zuger Jobabos (umgesetzte Massnahme)
  • Finanzielle Beteiligung zum Bezug von REKA Checks, Ermässigung von 20% bis zu einem jährlichen Gesamtbeitrag (Abhängig von der Anzahl Kinder) (umgesetzte Massnahme)
  • Restriktion der Parkberechtigung durch Einführung einer ÖV-Wegzeitberechnung von aktuell 35 Minuten (umgesetzte Massnahme)
  • Kostenpflicht für die Nutzung von Firmenparkplätzen (umgesetzte Massnahme)
  • Einführung von Ahndungsmassnahmen bei Verstössen gegen das Reglement (umgesetzte Massnahme)
  • Mobilitätsbonus für Mitarbeitende ohne Parkberechtigung oder bei freiwilligem Verzicht (umgesetzte Massnahme)
  • Angebot von 100 Tagesparkplätzen zur kostenfreien Nutzung, jedoch maximal 5x pro Monat und Mitarbeitenden (umgesetzte Massnahme)
  • Ermöglichung von Sonderparkberechtigungen für berufliche und private Ausnahmen (Bsp. Kinderbetreuung, Angehörigenpflege, Schichtarbeit, Pikettdienst usw.) (umgesetzte Massnahme)
  • Einführung einer App zur Unterstützung von Fahrgemeinschaften innerhalb der Roche Community (umgesetzte Massnahme)
  • Mobility Car Sharing Station am Standort Rotkreuz: Nutzung der Mobility Fahrzeuge mittels Personalausweis für Firmenfahrten. Zusätzliche Vergünstigung des Jahresabonnements für private Zwecke (umgesetzte Massnahme)

Information und Bewusstseinsbildung

  • Organisation von zwei Mobility Tagen am Standort, mit Informationsständen, Rabatte auf E-Bikes, E-Roller und Velos in Zusammenarbeit mit renommierten Anbietern (umgesetzte Massnahme)
  • Attraktive Gestaltung zur Teilnahme an „bike to work“ mit Unterstützungsleistungen auch für Parkplatzberechtigte (umgesetzte Massnahme)
  • Kommunikationskampagne zur Nutzung von Mobility Car Sharing und der Flync-Fahrgemeinschafts App (umgesetzte Massnahme)
  • Erstellung von zwei „explain movies“ für Mitarbeitende: 1. Erklärung des Konzeptes und deren Auswirkungen, 2. Erklärung zur Nutzung des Parkplatzangebotes, Umgang mit Sonderanträgen und Ausnahmeregelungen (umgesetzte Massnahme)
  • Regelmässige Informationen im Intranet zum aktuellen Projektstand (umgesetzte Massnahme)
  • Bereitstellung einer Informationsbroschüre für neue Mitarbeitende (umgesetzte Massnahme)
  • Informationsveranstaltungen „lunch and learn“ mit Einbezug von Postauto AG, Zuger Verkehrsbetriebe und SBB (umgesetzte Massnahme)
  • Mobilitätswebsite auf dem Intranet, mit einer laufenden Erweiterung der FAQ (umgesetzte Massnahme)

Wirkungen

Verkehr

  • Die Anzahl Mobilitätsbonus Bezüger hat sich im ersten Jahr um 44% erhöht.
  • Parkberechtigte Personen nahmen im ersten Betriebsjahr um 32% auf insgesamt 1‘700 Personen ab.
  • Die Auslastung der 100 Tagesparkplätze ist konstant hoch, das Angebot wird konsequent genutzt.
  • Die bauliche Reduktion von 300 Parkplätzen hat bisher auch in Spitzenzeiten nicht zu einer Überlastung des bestehenden Kontingents geführt, allerdings ist die permanente Auslastung mit über 90% (exklusive Ferienzeit) generell hoch.

Umwelt

  • Reduktion der Schadstoffemissionen durch signifikanten Rückgang des MIV 
  • Renaturierung und Begrünung von asphaltierten Parkflächen

Finanzen

Mit der Einführung des Mobilitätsmanagements wurde eine zusätzliche 50%-Stelle im Bereich der Administration geschaffen. Zusätzlich erfolgen periodische Parkplatzkontrollen durch einen Sicherheits-Dienstleister, um Missbrauch vorzubeugen und Verstösse zu ahnden. Sämtliche Anreize werden ebenfalls über die Mobility Administration abgewickelt und durch das Konzept finanziert. Das Ziel der Kostendeckung konnte im ersten Betriebsjahr erreicht werden, der geringe Deckungsüberschuss wird zweckgebunden in die nächsten Aktionen einfliessen. Separat zu betrachten ist der beträchtliche Aufwand für die Erstellung der Softwarelösung: Die Nachkalkulation hat einen Kapitalisierungswert von gegen CHF 500‘000 ergeben. Diese Kosten wurden bereits während der Projektphase mittels interner  Leistungsverrechnung auf die Infrastruktur umgelegt.

Gesellschaft

Die konsequente Umsetzung des Konzeptes wurde auf der Ebene lokaler Behörden sehr positiv aufgenommen, insbesondere die ab dem Umsetzungszeitpunkt gewährte Einhaltung der gesetzlichen Auflagen fand grosse Zustimmung. Auch die Belegschaft hat die Massnahmen mehrheitlich gut akzeptiert. Die eingeschränkte Parkplatznutzung sowie die neu eingeführte Kostenpflicht hat vor Allem während der Einführungsphase auch negative Haltungen und Wiederstände erzeugt. Insgesamt konnten aber Härtefälle nahezu ausgeschlossen werden, da mit der Möglichkeit von zeitlich befristeten Sonderanträgen auch flexible Übergangslösungen möglich gemacht wurden.

Projekteffizienz

Der Zeitrahmen für die gesamte Konzipierung, Programmierung der Software und Umsetzung sämtlicher Massnahmen war mit neun Monaten sehr knapp bemessen. Nur dank ausserordentlichem Einsatz des gesamten Projektteams konnte der Einführungstermin eingehalten werden.

Erfahrungen

Erfolgsfaktoren

  • Die Entwicklung und Einführung des MMS gestaltete sich einerseits als klarer Erfolgsfaktor. Ohne konsequente Digitalisierung sämtlicher Prozesse wäre eine derart aufwändige Lösung nicht mit einer 50%-Stelle zu bewirtschaften.
  • Regelmässige Information zu den geplanten Massnahmen, Auswirkungen und Konsequenzen
  • Vielzahl von Anreizen und Unterstützungsleistungen
  • Verankerung des Konzeptes im Unternehmen und Unterstützung durch Senior Management
  • Möglichkeit für Ausnahmebewilligungen zur Verhinderung von Härtefällen

Hemmnisfaktoren

  • Die laufenden Anpassungen im internen Umfeld (Upgrade der IT-Applikationen, neues HR System etc.), jährlicher SBB-Fahrplanwechsel und dadurch Neuberechnung der Wegzeiten, erfordern eine regelmässige Weiterentwicklung des Systems. Dieser Aufwand ist nicht unerheblich und wurde im Rahmen des Projektes zu wenig berücksichtigt.
  • Private Anbieter von Parkplätzen im Umfeld des Roche Areals untergraben teilweise die Wirksamkeit des Konzeptes gegen Aussen
  • Ungenügende ÖV-Abdeckung in einigen Dörfern der Zentralschweiz
  • Jährlicher Fahrplanwechsel mit Neuberechnung der Wegzeit. Allenfalls Verlust der Dauerparkberechtigung (Bsp. durch Einführung neuer ÖV-Verbindungen fällt Wegzeit unter 35 Minuten Grenze)
  • Hohe Auslastung der SBB-Linie Luzern / Zürich – Rotkreuz

Weitere Informationen

Dieses Unternehmensbeispiel wurde in Anlehnung an die Beispiele der SVI-Studie 2004/045 „Mobilitätsmanagement in Betrieben: Motive und Wirksamkeit“ (2008)  erarbeitet (Autor: Andreas Dannmeyer, RDI, Head of Facility Management & Real Estate) und mit Unterstützung von EnergieSchweiz für die Beispielsammlung auf Mobilservice aufbereitet und übersetzt (2018).

Weiterführende Links: