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Kernfahrbahn

Erstellt am 11.11.2004
Aktualisiert am 04.08.2008

Profil & Eckdaten

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Jährliche Betriebskosten

  • gering (bis Fr. 5'000.-)
0 5'000 20'000
  • gering (bis Fr. 5'000.-)

Investitionskosten

  • gering (bis Fr. 10'000.-)
  • mittel (bis Fr. 50'000.-)
  • hoch (ab Fr. 50'000.-)
0 10'000 50'000
  • gering (bis Fr. 10'000.-)
  • mittel (bis Fr. 50'000.-)
  • hoch (ab Fr. 50'000.-)

Raumtyp

  • Zentrum / Stadt
  • Agglomeration
  • Ländlich / Dorf

Gemeindegrösse

  • < 5'000 Einwohner
  • 5'000 - 10'000 Einwohner
  • 10'000 - 20'000 Einwohner
  • > 20'000 Einwohner

Gemeinden sind oft mit folgenden Fragen konfrontiert: Welche Möglichkeiten bestehen, um die Sicherheit des Zweiradverkehrs zu erhöhen? Wie wird eine Fahrbahn optisch gegliedert, ohne die Befahrbarkeit zu beeinträchtigen? Wie ist eine umsichtigere und stetigere Fahrweise zu begünstigen? Eine mögliche Antwort auf diese Fragen besteht in der Realisierung einer Kernfahrbahn.

Beispiel Birmenstorf (AG)

In Birmenstorf stand die Realisierung eines Kreisels an. Zeitgleich wurde die Führung der kantonalen Radrouten erörtert. Auf dem Gemeindestrassennetz boten sich keine Alternativen. Die Lösung musste auf der Kantonsstrasse gesucht werden, wo eine Verbreiterung auf das Standardmass von 8.5 m kaum möglich oder sehr aufwändig gewesen wäre. Die Kernfahrbahn bot sich als mögliche Lösung an. Da die Voraussetzungen für eine Kernfahrbahn im Grenzbereich liegen (Verkehrsmenge, Strassenbreite), startete das Baudepartement des Kantons Aargau in Absprache mit der Gemeinde Birmenstorf den Pilotversuch Kernfahrbahn auf einer Länge von ca. 1.5 km. Die Kernfahrbahn hat zum Ziel, die Radfahrenden besser zu schützen sowie die Verkehrssicherheit zu erhöhen bei gleichzeitiger Einsparung von Kosten. Der Versuch wurde durch Öffentlichkeitsarbeit (Informationsbroschüre, Plakate und Befragungen) begleitet und verkehrstechnisch untersucht (Vorher-Nachher-Analysen, Überholabstände und Geschwindigkeitsmessungen).

Beschreibung

Hintergrund

Fast jede Ortschaft hat eine Hauptstrasse, die als Hauptverkehrsträger durch das Dorf führt. Im Dorfkern soll der Verkehr ruhig fliessen, die signalisierte Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten werden und der Radverkehr seinen Platz haben. Mit der Realisierung einer Kernfahrbahn können diese Ziele unterstützt werden. Durch die Markierung der Radstreifen wird der Zweiradverkehr geschützt und besser in die bestehende Verkehrsfläche integriert. Der Strassenraum wird durch alle Verkehrsteilnehmenden mehr benutzt und damit aufgewertet. Die optische Einengung des Verkehrsraumes fördert eine umsichtige und stetigere Fahrweise des motorisierten Verkehrs.

Angebot

In Birmenstorf sind die seitlichen Verkehrsflächen beidseitig als Radstreifen mit einer Breite von 1.25 m ausgebildet und mit einer Radstreifenmarkierung abgetrennt. Die mittlere Verkehrsfläche beträgt 5.0 m und hat keine Mittellinie. Sie ist genügend breit, damit zwei Personenwagen kreuzen können, ohne die Radstreifen zu befahren. Die Radfahrenden haben somit einen ihnen eindeutig zugewiesenen Strassenraum. Wenn sich dagegen Lastwagen oder Busse begegnen, muss eines der beiden Fahrzeuge auf den Radstreifen ausweichen, sofern sich kein Zweirad darauf befindet; andernfalls hat sich ein Fahrzeug hinter dem Fahrrad einzuordnen.

Erfahrungen

Geschwindigkeitsmessungen vor und nach der Einführung einer Kernfahrbahn belegen, dass sich das Geschwindigkeitsniveau um 1-2 km/h reduziert und sich die Maximalgeschwindigkeit in der Regel um ca. 5 km/h verkleinert.
Mit einem DTV (durchschnittlich täglicher Verkehr) von ca. 11'000 Fahrzeugen und einem Schwerverkehrsanteil von ca. 7% liegen in Birmenstorf die Werte über den Empfehlungen der VSS-Richtlinie (SN 640 212 "Entwurf des Strassenraumes, Gestaltungselemente", Juni 2000).
Den Radfahrenden in Birmenstorf steht mit der Einführung der Kernfahrbahn mehr Verkehrsfläche zur Verfügung als in der Norm (Normalprofil) vorgesehen. Radfahrende haben zudem einen eindeutig zugewiesenen Verkehrsraum, den sie offensichtlich nutzen und sich dabei mehrheitlich (67%) sicher fühlen. Dies zeigen die Resultate der Befragungen. Die Sicherheit hat sich gemäss der Umfrage auch für die Lenkenden von Privatwagen verbessert; 55% fühlen sich sicherer. Bei den Lastwagen und Bussen fühlen sich nur noch 35% sicherer und 55% sehen keine Verbesserung der Sicherheit. Die fehlende Mittellinie macht vor allem jenen Mühe, die gegenüber einer Kernfahrbahn negativ eingestellt sind. Bei der Auswertung von Videoaufnahmen wurde festgestellt, dass sich die Lenker und Lenkerinnen an der Radstreifenmarkierung orientieren und so auch bei Kurven die Linienführung gut finden.
Die Abstände bei Überholmanövern zwischen Velos und Fahrzeugen sind nach der Einführung der Kernfahrbahn kleiner geworden. Ebenso haben sich die Randabstände der Velofahrenden zum Strassenrand verkleinert. Offensichtlich orientieren sich die Motorfahrzeuge stark an der Radstreifenmarkierung. Dennoch fühlen sich die Radfahrenden wie erwähnt sicherer. Mögliche Gründe für die kleineren Abstände nach Einführung der Kernfahrbahn sind, dass die Untersuchungen während der Morgen- und Abendspitzen mit hoher Verkehrsdichte durchgeführt worden sind und die Rahmenbedingungen in Birmenstorf über den Empfehlungen der Norm liegen.
In Schafisheim (mit vergleichbarem DTV, geringerem Lastwagenanteil und einer mittleren Verkehrsfläche von 4.5 m) haben sich die Überholabstände deutlich vergrössert.
Die Erfahrungen sind aber noch gering. Die Anzahl untersuchter Kernfahrbahnen ist nicht genügend gross, um verbindliche Empfehlungen über Grenzen und Möglichkeiten von Kernfahrbahnen geben zu können.
In der Regel soll zuerst geprüft werden, ob ein Ausbau auf die erforderliche Breite von 8.5 m für die konventionelle Markierung (mit Radstreifen) durchführbar ist. Wenn dies nicht möglich oder sinnvoll ist, kann die Realisierung einer Kernfahrbahn mit 7 bis 8 m Breite eine Lösung sein. Die Rahmenbedingungen und Ziele müssen im Voraus gut abgeklärt werden. Im Idealfall kann die Markierung einer Kernfahrbahn zusammen mit einer Belagssanierung durchgeführt werden.

Wirkung

Umwelt und Energie

Die verbesserte Sicherheit für Radfahrende, die mit den Radstreifen einen zugewiesenen Verkehrsraum erhalten, motiviert, kurze Wege mit dem Fahrrad zurückzulegen und erhöht die Attraktivität der Velobenützung.

Gesellschaft

Kernfahrbahnen fördern eine vorausschauende und umsichtige Fahrweise und die Integration des Radverkehrs in Siedlungsgebieten. Das Geschwindigkeitsniveau wird bis 2 km/h kleiner. Für Radfahrende wird die Verkehrssicherheit verbessert.

Wirtschaft

Jede Massnahme, die Strassen übersichtlicher und mit dem geringeren Geschwindigkeitsniveau auch sicherer und freundlicher gestaltet, steigert die Attraktivität einer Wohngemeinde. Mit derartigen Lösungen, die keine oder kaum bauliche Massnahmen erfordern, werden zudem Investitionen gespart.

Werkzeuge

Vorgehen

Die Rahmenbedingungen für die Realisierung einer Kernfahrbahn sind in der VSS-Richtlinie SN 640 212 über den "Entwurf des Strassenraums" unter "Fahrbahn mit optischer Gliederung der Verkehrsflächen" festgelegt. Die Anzahl Fahrzeuge pro Tag und der Anteil Schwerverkehr begrenzen die Einsatzmöglichkeit einer Kernfahrbahn (max. ca. 10'000 Fahrzeuge pro Tag und max. 6% Schwerverkehrsanteil. Bei einem höheren DTV muss der Einzelfall beurteilt werden).

Voraussetzungen (zusammenfassend):

  • Veloanteil
  • Markierung von konventionellen Radstreifen nicht möglich, da Strasse zu schmal und Verbreiterung nicht möglich, sinnvoll oder finanzierbar
  • gefährliche Situationen mit Radfahrenden, Bedarf Realisierung Radroute
  • überschaubare Strassensituation, innerorts
  • bei tiefem DTV minimal 6 m Strassenbreite, besser 7 - 8 m, Mindestbreite für Radstreifen je 1.25 m

Vorgehen:

  1. Rahmenbedingungen ermitteln
  2. Verkehrszahlen, Anteil Schwerverkehr, Unfallanalyse v.a. mit Beteiligung Radverkehr
  3. Inventar des vorhandenen Strassenraums
  4. Festlegen der Verkehrsflächen: seitliche Verkehrsfläche für Radfahrende; mittlere Verkehrsfläche für Motorfahrzeuge
  5. bei vielen kritischen Punkten oder Fragen allenfalls Pilotversuch durchführen und begleitende Vorher-Nachher-Untersuchung
  6. Projektierung, festlegen der erforderlichen Massnahme (Verbreiterung/Verkleinerung des Strassenraums, Anpassung der Markierung)
  7. Kostenschätzung, Kreditbeschaffung
  8. Bauprojekt und Baueingabe
  9. Optionen: verkehrstechnische Untersuchung vor und nach der Realisierung anordnen, Befragung der Beteiligten
  10. begleitende Öffentlichkeitsarbeit z.B. Informationskampagne mit Plakaten und Broschüren
  11. Realisierung
  12. Unterhalt

Die Zusammenarbeit mit den kantonalen Fachstellen sowie die sorgfältige Abklärung durch eine Fachperson, ob eine Kernfahrbahn die geeignete Lösung ist, wird in jedem Fall empfohlen.

Finanzierung

Die Kosten für die Einführung und Realisierung einer Kernfahrbahn trägt der jeweilige Besitzer der Strasse, d.h. die Gemeinde und / oder der Kanton.

Marketing

Wer die Einführung einer Kernfahrbahn ins Auge fasst, soll die Bevölkerung gut darüber informieren. Diese neue Form der Strassenraumgestaltung wird von den Verkehrsteilnehmenden nicht immer verstanden. Ziel, Funktion und Verhalten in einer Kernfahrbahn kann mittels Plakaten und Broschüren vermittelt werden.

Weitere Infos

Weitere Dokumente:

  • CD-ROM "Erfahrungen mit Kernfahrbahnen innerorts", voraussichtlich ab August 2005 beim Bundesamt für Strassen ASTRA erhältlich (http://www.astra.admin.ch)
  • VSS-Richtlinie SN 640 212 "Entwurf des Strassenraums, Gestaltungselemente" vom Juni 2000
  • Gesetzliche Bestimmungen (Verkehrsregelverordnung VRV, Art. 1, 19 und 40)
  • Forschungsbericht SVI "Optimierte Führung des Veloverkehrs an engen Strassenabschnitten (Kernfahrbahn)", Metron/Zweibrücken, Forschungsauftrag 44/97, Januar 2000

Kontaktadressen und Bezugsquellen:

Departement Bau, Verkehr und Umwelt  Kanton Aargau, Abteilung Verkehr
Entfelderstrasse 22
5001 Aarau
Tel. 062 835 33 30

Fragen Sie auch die Vertreter von Mobilservice PRAXIS Ihres Kantons um Rat.

Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Praxis-Beispiels:  

Departement Bau, Verkehr und Umwelt  Kanton Aargau, Abteilung Verkehr
Entfelderstrasse 22
5001 Aarau
Tel. 062 835 33 30

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